Bild nicht mehr verfügbar.

Mario Draghi tüftelt mit dem Rat der Europäischen Zentralbank den zukünftigen geldpolitischen Kurs aus.

Foto: REUTERS/Francois Lenoir

Auf welche Karte setzt Mario Draghi – diese Frage bewegt Marktteilnehmer dieser Tage. Denn am Donnerstag berät die Europäische Zentralbank bei ihrer monatlichen Sitzung über den weiteren geldpolitischen Weg in der Eurozone. Der Leitzins liegt derzeit bei historisch tiefen 0,25 Prozent. Dass EZB-Präsident Draghi schon im März an der Zinsschraube drehen wird und den Refinanzierungssatz weiter absenkt, davon gehen die meisten Marktbeobachter nicht aus.

Im Februar lag die Inflation in der Eurozone bei 0,8 Prozent. Das überraschte insofern, da die meisten Experten mit einer weiteren Abschwächung der Teuerung gerechnet hatten. Wie im Jänner und Dezember liegt die Inflation damit aber immer noch weit unter dem von der EZB angestrebten Ziel von knapp zwei Prozent. Nur bei solchen Werten spricht die Notenbank von stabilen Preisen.

Jörg Rahn, Analyst bei Marcard, Stein & Co, geht davon aus, dass die Währungshüter bei ihrer Sitzung am Donnerstag auf Zeit spielen und nicht aktiv werden dürften. "Da die jüngsten Konjunkturdaten aus der Euro-Zone nicht so schlecht waren, wird die EZB den wirtschaftlichen Aufschwung in der Währungsunion erst einmal wirken lassen", prognostiziert der Experte.

Auch der Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnet vorerst nicht mit einer Leitzinssenkung. "Die Wahrscheinlichkeit hat sich verringert, dass die EZB im März reagiert."

Prognosen erwartet

Mit Spannung warten Experten auf die aktualisierten Inflationsprognosen der EZB-Volkswirte, die Draghi nach dem Zinsbeschluss bekanntgeben wird. Diese dürften Aufschluss darüber geben, ob die Zentralbank mittelfristig Gefahren für die Preisstabilität wittert. Die Prognose zur Entwicklung am Arbeitsmarkt wird zudem zeigen, ob die EZB mit dem Aufschwung auch eine Wende am Jobmarkt erwartet.

EZB-Chef Draghi selbst meinte vor einigen Tagen, dass trotz der niedrigen Inflationsrate in der Euro-Zone der Aufschwung nicht in Gefahr sei. Die Erholung ruhe auf einem soliden Fundament, auch "wenn einige ein düsteres Bild zu zeichnen versuchten", so Draghi. "Die Euro-Zone bewegt sich eindeutig in die richtige Richtung. Das Glas ist mindestens halb voll." Störfeuer für die Erholung könne jedoch vom Ukraine-Konflikt ausgehen: Der habe "ganz andere geopolitische Dimensionen" als die jüngsten Auswirkungen der Währungsturbulenzen in Schwellenländern. Auch berge die voraussichtlich lange Phase niedriger Inflation im Euroraum Risiken.

Umso länger die Jahresteuerung deutlich unter dem Ziel der EZB von knapp zwei Prozent bleibe, desto eher könnten die Verbraucher das Vertrauen in stabile Preise verlieren. "Und das wollen wir nicht", sagte Draghi. Die Geldpolitik der EZB sei "sehr konjunkturstimulierend".

Kein Fingerzeig

Eine von Draghis Äußerungen ließ zudem aufhorchen: Immer dann, wenn die EZB von dem Inflationsziel von knapp zwei Prozent weit entfernt sei, habe sie "ein Problem, stabile Preise zu erreichen". Draghi will seine Äußerungen aber nicht als Fingerzeig für den anstehende Zinsentscheid gewertet wissen, da er sich kurz vor der Sitzung nicht mehr öffentlich zur aktuellen geldpolitischen Haltung der EZB äußern darf.

Die EZB könnte auch noch etwas anderes tun, um in Zeiten niedriger Inflation kräftig Geld in das Finanzsystem zu pumpen und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Den Hebel dafür bietet das umstrittene Staatsanleihen-Programm der EZB: Zwischen 2010 und 2012 kaufte die Zentralbank in der Euro-Krise Bonds von Griechenland, Irland, Portugal, Italien und Spanien für mehr als 200 Milliarden Euro. Dieses Geld gelangte jedoch nie ins Finanzsystem, da die EZB es Woche für Woche mit speziellen Geldmarkt-Operationen abschöpft.

Grund für diese sogenannte Sterilisierung waren Befürchtungen, dass das viele Geld die Inflation anheizen könnte. Gegenwärtig ist aber die Teuerung niedriger als der EZB lieb sein kann. Deshalb könnte sie nun mit dem Abschöpfen aufhören, was entsprechend dem Restwert der Anleihen auf einen Schlag etwa 170 Milliarden Euro freisetzen würde. Wie aus Zentralbank-Kreisen verlautet, steht der EZB-Rat vor einer einstimmigen Entscheidung zum Ende der Sterilisierung. (red/APA/Reuters, derStandard.at, 5.3.2014)