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Das Agieren Putins auf der Krim beunruhigt die Touristiker.

Foto: apa/kadobnov

Berlin - Die Hektik ist dieselbe wie jedes Jahr und dennoch ist es heuer anders auf der Internationalen Tourismus Börse (ITB) in Berlin: Wohin man sich auch bewegt, es schwebt der Geist von Wladimir Putin über den Ständen der 10.000 Aussteller, die sich aus 180 Ländern zur weltgrößten Tourismusmesse eingefunden haben. Statt der Hoffnung, dass die Tourismuswirtschaft in besonderem Maße von der langsam anspringenden Konjunktur in Europa profitieren kann, schwingt bei vielen Touristikern die Sorge mit, die Reiselust könnte bei anhaltendem Säbelrasseln zwischen Russland und Ukraine schwinden.

"Das ist eine brandgefährliche Situation," meinte auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, kraft seiner Zuständigkeit oberster Touristiker Österreichs, am Stand der Österreich Werbung (ÖW). Man sollte versuchen, den Konflikt so rasch wie möglich auf diplomatischem Wege zu lösen. Sanktionen gegen Russland wegen des Versuchs, sich die Halbinsel Krim einzuverleiben, seien im Endeffekt auch schädlich für die Tourismuswirtschaft. "Wenn die russischen Gäste nicht mehr kommen, ist der gesamte Gewinn (der Hotellerie, Anm.) kaputt und die Stimmung ist weg," spielte Mitterlehner auf den steigenden Stellenwert des russischen Marktes für Österreichs Tourismuswirtschaft an.

So haben sich die Ankünfte russischer Gäste in Österreich seit 2005 auf zuletzt rund 500.000 verfünffacht. Der Löwenanteil der Nächtigungen entfiel 2013 mit 1,35 Millionen auf das Winterhalbjahr, 572.000 Nächtigungen russischer Gäste wurden in der Sommersaison in Österreich gezählt. Zum Vergleich: Die Ukraine steht im Sommer für 110.000 Übernachtungen in Österreich, im Winterhalbjahr waren es zuletzt 240.000, wobei die Durchschnittsausgaben ukrainischer Gäste noch über denen der Russen liegen.

Rekordergebnis erwartet

Dabei hatte heuer alles ganz gut begonnen. Der Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts, Egon Smeral, hat noch Ende Jänner im Standard-Gespräch mit einem weiteren Rekordergebnis im Tourismus gerechnet. Die Zahl der Nächtigungen sollte heuer um ein bis zwei Prozent steigen, die Umsätze in der Branche um drei bis vier Prozent zulegen. Abzüglich der Inflation von knapp zwei Prozent wäre das real immer noch ein leichtes Plus - das aufgrund der jüngsten Ereignisse zu schmelzen droht. "Das hat natürlich Auswirkungen," sagte ÖW-Chefin Petra Stolba. Harte Zahlen über das Ausbleiben von Gästen aus Russland und der Ukraine habe man aufgrund des Hinterherhinkens der Statistik nicht bei der Hand.

Einen für vergangene Woche geplanten Workshop in Kiew, bei dem man ukrainische Reiseveranstalter briefen wollte, habe man aufgrund einer Reisewarnung verschieben müssen. Unabhängig davon, wie sich die Situation auf der Krim entwickelt, wollen Österreichs Tourismuswerber in Deutschland noch einen Zahn zulegen. Es ist ein regelrechter Kampf um den deutschen Gast entbrannt, der als besonders reisefreudig gilt. Zudem werben deutsche Bundesländer selbst intensiv wie nie um Gäste aus Berlin, Hamburg oder München.

Vor diesem Hintergrund fordert Hans Schenner, Tourismusobmann in der Wirtschaftskammer Österreich, dass sich die Landestourismusorganisationen mit der ÖW zusammentun und gemeinsam werben. Konkret sollten sie ein Viertel ihres Budgets der ÖW zur Verfügung stellen. Von den insgesamt 50 Mio. Euro, die Bund (75 Prozent) und Wirtschaftskammer (25 Prozent) zahlen, stehen der ÖW rund 43,5 Millionen für Marketingaktivitäten in 30 ausgewählten Märkten zur Verfügung, sechs Millionen davon für Deutschland. (Günther Strobl aus Berlin, DER STANDARD, 6.3.2014)