Bild nicht mehr verfügbar.

Die Konten des ukrainischen Ex-Präsidenten wurden jetzt auch durch die EU gesperrt.

Foto: apa/Brakemeier

Kiew/Brüssel/Washington - Während der Mittwoch diplomatisch ohne Ergebnis endete, sperrte die EU mit Wirkung Donnerstagfrüh die Konten des früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch und von 17 weiteren Personen. Eine entsprechende Liste wurde online im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Sanktionen richtet sich gegen Menschen, die die EU für die Veruntreuung oder Unterschlagung staatlicher ukrainischer Gelder oder für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich macht.

Österreich hatte bereits am Freitag auf Ersuchen der neuen Regierung in Kiew mutmaßliche Konten von 18 Ukrainern - darunter Janukowitsch, dessen Sohn Oleksander, Klujew und Asarow - bei heimischen Banken bis auf Weiteres eingefroren. Das Außenamt hatte die unilaterale Aktion als vorläufige Maßnahme bis zum Inkrafttreten der EU-Sanktionen erklärt.

Über die Liste Österreichs hinaus verfügte die EU nun Kontensperren auch für den zweiten Janukowitsch-Sohn Viktor, und den Sohn des ukrainischen Ex-Premiers, Alexej Asarow, der mehrere Immobilien in Wien, darunter eine Villa in Wien Pötzleinsdorf, besitzen soll. Betroffen ist nun auch der ebenfalls in Wien seit Jahren unternehmerisch tätige Geschäftsmann Sergej Klujew, Bruder von Andrej Klujew. Die Brüder Klujew besitzen die Wiener Slav AG.

Sondergipfel

Am heutigen Donnerstag wollen die europäischen Staats- und Regierungschefs bei einem Sondergipfel über die Lage in der Ukraine beraten. Dabei wollen sie grünes Licht für Finanzhilfen für die Ukraine in Höhe von rund elf Milliarden Euro geben. Die Gipfelteilnehmer wollen auch über Sanktionen gegen Russland entscheiden. Russische Soldaten haben die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim unter ihre Kontrolle gebracht. Moskau weist den Vorwurf zurück.

Ebenfalls einberufen wurde der UN-Sicherheitsrat, der am Donnerstag zu einer weiteren Sitzung zusammenkommt. Die Vertreter der 15 Mitgliedstaaten treffen sich um 14.30 Uhr Ortszeit (20.30 Uhr MEZ) unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie aus Diplomatenkreisen verlautete. Das Gremium war seit Freitag bereits drei Mal zu Beratungen über die Krise in der Ukraine zusammengekommen.

Finanzhilfen und Sanktionen

Auch das US-Repräsentantenhaus will heute über Finanzhilfen für die vom Staatsbankrott bedrohte Ukraine abstimmen. Das kündigte der republikanische Mehrheitsführers Eric Cantor am Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter an. Washington hatte der Ukraine einen Kredit in Höhe von einer Milliarde Dollar (rund 725 Millionen Euro) in Aussicht gestellt. Nach dem Repräsentantenhaus muss noch der Senat grünes Licht geben. Unklar ist aber, ob der Senat hierüber noch vor einer mehrwöchigen Sitzungspause abstimmen kann.

Auch der Außenausschuss des US-Abgeordnetenhauses will am Donnerstag über mögliche Sanktionen gegen Russland beraten. Die Mitglieder wollen über ein Gesetzesvorhaben diskutieren, das Sanktionen in den Bereichen Visa, Finanzen und Handel vorsieht. Auch Strafmaßnahmen gegen Angehörige der Regierung in Moskau sowie russische Staatskonzerne sind dem Papier zufolge im Gespräch.

Ideen auf dem Tisch

Diplomatisch blieb der Mittwoch ohne Ergebnis. US-Außenminister John Kerry sagte, es seien ernsthafte Gespräche gewesen. "Es liegen einige Ideen auf dem Tisch." Alle Parteien seien sich zumindest darin einig gewesen, den Konflikt auf dem Wege des Dialogs zu entschärfen. Er beabsichtige seinen russischen Amtskollegen Sergej Lawrow am Donnerstag erneut zu treffen.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich insgesamt unzufrieden. "Ich bin allenfalls zufrieden damit, dass die Beteiligten, mit denen wir heute gesprochen haben, die Situation nicht weiter eskalieren wollen. Aber es bleiben schwierige Tage, die vor uns liegen." Es sei nicht gelungen, ein internationales Format zu vereinbaren, in der die Ukraine und Russland direkt miteinander sprechen können.

Lawrow wollte während des Treffens nicht mit seinem ukrainischen Amtskollegen Andrej Deschtschiza zusammenkommen, da Russland die neue Führung in Kiew für unrechtmäßig hält. Auf die Frage nach einem Zusammenkommen mit dem ukrainischen Außenminister antwortete er demonstrativ: "Wer ist das?" Er sagte aber zumindest zu, dass die Verhandlungen weitergingen.

Clinton rückt Putin in die Nähe Hitlers

Wie schlecht die Stimmung derzeit ist, zeigen Äußerungen der früheren US-Außenministerin Hillary Clinton. Sie hat Putin in die Nähe von Adolf Hitler gerückt und damit für Wirbel gesorgt. "Ich wollte allen nur ein wenig historische Einordnung geben. Ich stelle natürlich keinen Vergleich an, aber ich schlage vor, dass wir vielleicht lernen aus dieser Taktik, die bereits angewendet wurde." Am Dienstag hatte Clinton gesagt, die Besetzung der Krim sei ähnlich dem Vorgehen Hitlers in den Jahren vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Putin will eigenen Angaben zufolge russischstämmige Menschen im Ausland schützen.

Das US-Außenministerium warf Putin zudem vor, bei seinen Äußerungen zur Ukraine oft nicht die Wahrheit zu sagen. In einem sehr ungewöhnlichen Schritt veröffentlichte es eine Liste mit Fakten, die Putin angeblich immer wieder ignoriere, "um die russische Aggression in der Ukraine zu rechtfertigen".

Zusammenstöße

Die ukrainische Justiz ordnete unterdessen die Festnahme des prorussischen Krim-Regierungschefs Sergej Axjonow und des Präsidenten des Regionalparlaments, Wolodimir Konstantinow, an. Ihnen werden Bestrebungen zur Abspaltung der Krim vorgeworfen.

Im ostukrainischen Donezk wurden bei Zusammenstößen zwischen prorussischen Demonstranten und Anhängern der neuen Führung in Kiew etwa zehn Menschen verletzt. Prorussischen Aktivisten wurden kurzzeitig aus dem Sitz der Regionalregierung vertrieben, übernahmen wenige Stunden später aber wieder die Kontrolle über das Gebäude, das sie am Montag erstmals besetzt hatten.

Auch auf der Krim blieb die Lage angespannt. Der UN-Sondergesandte Robert Serry wurde auf der Schwarzmeer-Halbinsel von einer Gruppe teils bewaffneter Männer bedroht. Wenige Stunden nach dem Vorfall teilten die Vereinten Nationen mit, dass Serry die Krim noch am Mittwoch verlassen werde. Er werde von Simferopol aus nach Kiew fliegen und seine Arbeit von dort fortsetzen. Serry ist eigentlich Sonderbeauftragter für den Friedensprozess im Nahen Osten, gilt aber als politische Feuerwehr von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. (red/APA/Reuters, derStandard.at, 6.3.2014)