Bochum - Die Erbkrankheit ARVC (arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie) führt zu plötzlichem Herztod und ist weiter verbreitet, als bislang angenommen. Das berichtet ein internationales Forscherteam vom Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfahlen im "European Heart Journal". Die Molekularbiologen fanden heraus, dass alle bislang bekannten betroffenen Familien einen gemeinsamen genetischen Ursprung haben. Außerdem muss es in Europa weitere Familien geben, die die Genmutation in sich tragen, aber noch nicht bekannt sind.

Mutation zunächst auf Neufundland

Die Genmutation, die einer besonders schweren Form der Erbkrankheit (ARVC5) zugrunde liegt, klärten Wissenschaftler im Jahr 2008 auf der kanadischen Insel Neufundland auf. Zunächst ging man davon aus, dass es sich um eine genetische Besonderheit in Kanada handelt. 2010 wies Miltings Team die "Neufundland-Mutation" jedoch zeitgleich mit einer Forschergruppe aus Kopenhagen auch in Europa nach.

Heute sind betroffene Familien in Deutschland, Dänemark, den USA und Kanada bekannt. Sie alle gehen auf gemeinsame Vorfahren zurück, wie eine genetische Analyse ergab. Die Wissenschaftler untersuchten die Umgebung des Gens TMEM43, in dem die ARVC5-spezifische Mutation auftritt. Die genetische Sequenz in der Nachbarschaft von TMEM43 ist üblicherweise hoch variabel; bei allen betroffenen Familien war sie jedoch über weite Strecken identisch. Das belegt einen gemeinsamen genetischen Ursprung.

"Unbedingt abklären"

Den Betroffenen dänischen und deutschen Familien sind die Verwandtschaftsverhältnisse nicht bewusst; denn eine Berechnung ergab, dass die Mutation vor rund 1300 bis 1500 Jahren entstand. Bei der ARVC-Mutation in den europäischen Familien handelt es sich also nicht um eine neue Mutation. Daher muss es weitere Familien mit der Genmutation geben, die die verwandtschaftliche Brücke zwischen den Betroffenen in Europa und Nordamerika bilden. So wurden kürzlich zwei Familien mit dieser Mutation in Madrid identifiziert.

"Fälle von plötzlichem Herztod in der Familie sollten hellhörig machen", sagt Studienleiter Hendrik Milting. "Die uns bekannten Familien haben häufig innerhalb kürzester Zeit mehrere männliche Mitglieder verloren, obwohl sie unter ärztlicher Kontrolle standen. Die Frauen leiden oft an Herzrhythmusstörungen", so der Experte. Verdachtsfälle sollten ihm zufolge unbedingt abgeklärt werden, denn wer diese Mutation in sich trägt, erkrankt auf jeden Fall. Eine rechtzeitige Implantation eines Defibrillators kann den plötzlichen Herztod verhindern. (red, derStandard.at, 6.3.2014)