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ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka und SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder wollen zwei Enqueten starten.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wien - Unter dem Motto "Parlament aktiv" wollen die Regierungsparteien den "demokratischen Prozess" aufwerten. Konkret sollen zwei Enquetekommissionen eingerichtet werden. Eine Plattform für den "offenen und zielgerichteten demokratischen Diskurs" wollen die Klubobleute Andreas Schieder (SPÖ) und Reinhold Lopatka (ÖVP) sich und der Opposition für ein Jahr gönnen.

Diskutiert werden sollen darin zwei Materien: die Aufwertung der direktdemokratischen und parlamentarischen Instrumente sowie die "Würde des Lebens". Zum Schluss sollen auch Gesetzesvorlagen ausgerabreitet sein. Die ersten Sitzungen sind noch vor der parlamentarischen Sommerpause geplant.

Offen sprechen will man etwa über die Reform der Untersuchungsausschüsse, wobei Schieder "dringend" ersuchte, die Materie von "aktuellen Fragen" zu trennen, um einen "vernünftigen Diskurs" zu ermöglichen. Schieder verwies auf die "besondere Verantwortung" eines Untersuchungsausschusses, die politische Verantwortung für Fehlentwicklungen festzustellen. Lopatka möchte vom "inquisitionsähnlichen" Verfahren wegkommen. Die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen solle besonders berücksichtigt werden. Notwendig seien außerdem die Präzisierung des Untersuchungsgegenstands und die Einführung einer externen Streitschlichtungsinstanz.

Opposition sammelt Unterschriften für U-Ausschuss

Eine "aktuelle Frage", die den Oppositionsparteien diesbezüglich unter den Nägeln brennt, ist die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu Causa Hypo Alpe Adria. Derzeit sammeln FPÖ, Grüne, Neos und Team Stronach im Rahmen einer parlamentarischen Petition Unterstützungserklärungen. Mehr als 24.000 Bürger und Bürgerinnen haben sich bisher auf der Petitionen-Website des Parlaments dafür ausgesprochen.

Gefragt, ob man mit der einjährigen Reformdiskussion die Einrichtung eines Hypo-Ausschusses auf die lange Bank schieben wolle, lautete Schieders lapidare Antwort: "Würde man das hinausschieben wollen, wäre es leichter, wir reden gar nicht darüber."

Das bereits von SPÖ und ÖVP in der letzten Legislaturperiode zugesagte Recht für Minderheiten, einen Untersuchungsausschuss einzuberufen, könne ebenso diskutiert werden. Allerdings, so Lopatka: Im Kreis der 28 EU-Staaten gebe es einzig in Deutschland dieses Recht, also sei man in der Europäischen Union mit der derzeitigen Regelung keineswegs in der Minderheit. Und die besagt: Um einen Untersuchungsausschuss einzuberufen, braucht es eine parlamentarische Mehrheit.

Volksbegehren

Auch ein Relikt aus der vergangen Legislaturperiode ist die geplante Aufwertung der Volksbegehren und Volksbefragungen. Das einst von SPÖ, ÖVP und Grünen geschnürte und in der Begutachtungsphase zerpflückte "Demokratiepaket" soll ebenfalls von der Enquete-Kommission unter dem Vorsitz von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) diskutiert werden. Erfolgreiche Volksbegehren sollten demnach einer Volksbefragung unterzogen werden, wenn das Parlament diesen nicht Rechnung trägt. Voraussetzung: Die Initiative wird von zehn Prozent der Wahlberechtigten – bei Verfassungsmaterien von 15 Prozent – mitgetragen. Das Ergebnis der Volksbefragung soll für das Parlament allerdings nicht bindend sein.

Geht es nach SPÖ und ÖVP, könnten sich auch die Spielregeln für die Abgeordneten ändern. Der Parlamentarier solle feurig wie ein Pferd sein, trotzdem sollen die Zügel nicht mit ihm durchgehen, erklärte Schieder in Anspielung auf deftige Wortmeldungen von Parlamentariern, die Lopatka vor allem aus den Oppositionsreihen gehört haben will. Diskutiert werden soll über Geldstrafen für zügellose Abgeordnete, wiewohl beide Klubobmänner dem Bußgeld "zurückhaltend" gegenüberstehen.

Aubauer soll Kommission über "Würde des Lebens" führen

Für die zweite Enquetekommission über die "Würde des Lebens" ist die ÖVP-Abgeordnete Gertrude Aubauer als Vorsitzende vorgesehen. Lopatka wie Schieder betonten, dass es beim Thema Sterbehilfe sehr wohl Auffassungsunterschiede zwischen den beiden Parteien gebe. Der SPÖ-Klub sei  mehrheitlich der Meinung, das Verbot habe in der Verfassung "nichts verloren".

Schieder positionierte sich dennoch klar als Gegner der Sterbehilfe und sprach sich für die Beibehaltung der Sterbehilfeparagrafen im Strafgesetzbuch aus. Es gehe aber auch darum, etwa die Hospizbetreuung in Österreich auszubauen und das soziale Grundrecht auf würdevolles Sterben abzusichern. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 6.3.2014)