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Der ukrainische Premier Jazenjuk (2. v. li) begrüßt die EU-Spitzenpolitiker Barroso, Rompuy und Ashton beim Sondergipfel in Brüssel. 

Foto: APA/EPA/Hoslet

"Deeskalation!" So lautete das Zauberwort, das praktisch alle Staats- und Regierungschefs der Union bei einem Sondergipfel zur Krise in der Ukraine und zu Konsequenzen aus dem militärischen Vorgehen Russlands auf der Krim am Donnerstag in Brüssel im Mund führten. Zumindest im ersten Teil einer Sitzung, die aufgrund der laufenden Ereignisse und der Zuspitzung auf der Krim zu einem echten Krisengipfel auswuchs, nachdem das Krim-Parlament die Abspaltung von der Ukraine beschlossen hatte.

Die USA hatten daraufhin Sanktionen gegen all jene in der Ukraine und in Russland ausgesprochen, die für die Gewalt auf der Krim bzw. für das Untergraben demokratischer Einrichtungen in der Ukraine verantwortlich seien. Es geht um Kontosperren und Reisebeschränkungen, sowohl für Militärpersonal als auch für politisch Verantwortliche, hieß es in dem von US-Präsident Barack Obama unterzeichneten Dekret.

In Brüssel war man von diesen Entwicklungen überrascht, wie Frankreichs Präsident François Hollande bestätigte. Im Vordergrund stehe noch der Versuch, den Dialog zwischen Russland und der Übergangsregierung in Kiew in Gang zu bringen, erklärte Bundeskanzler Werner Faymann. Erst "wenn eine Deeskalation nicht gelingt", dann werde man an Maßnahmen denken müssen.

Beschlossen wurde ein Drei-Punkte-Plan, wobei es sich nach den Worten von Ratspräsident Herman Van Rompuy um "Sanktionen" handle: Die EU setzt die Verhandlungen über Visaerleichterungen aus.

Visaverbote und Kontosperren soll es erst in einer zweiten Stufe geben, falls der russische Präsident Wladimir Putin die geplante Kontaktgruppe zur Lösung der Krise torpediere. Sie soll faire freie Wahlen, Gespräche zwischen Russland und Ukraine auf Ministerebene absichern, ebenso die Rechte von Minderheiten. Paramilitärs sollen entwaffnet, die Besetzung öffentlicher Gebäude beendet werden.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte, man sei "nah dran" in Sachen Kontaktgruppe. Sollte die Lage aber weiter eskalieren und russische Einheiten die Ostukraine destabilisieren, dann seien in einer dritten Stufe auch harte Wirtschaftssanktionen gegen Moskau denkbar.

Bestätigt wurde das von der EU-Kommission ausgearbeitet wirtschaftliche Hilfsprogramm für die Ukraine im Ausmaß von elf Milliarden Euro bis 2016. Die EU ist auch bereit, den politischen Teil des geplanten Assoziationsabkommens umzusetzen, juristische und institutionelle Fragen. Auch soll die Ukraine einseitig Zollerleichterungen bekommen.

Übergangspremier Arseni Jazenjuk war als spezieller Gast zum Gipfel eingeladen, wurde von den Staats- und Regierungschefs quasi offiziell anerkannt. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 7.3.2014)