Foto: Keith Hennessy © Robbie Sweeny
Foto: Annie Sprinkle & Beth Stephens © Errick Peterson

Die Performance Turbulence (a dance about the economy) des Performers und Aktivisten Keith Hennessy ist ein künstlerischer Frontalangriff auf das politisch-wirtschaftliche System, auf die mythologische Verbindung von Kapitalismus und Demokratie, ein Score, der so unterschiedliche Elemente wie Tanz, Performance, Installation, Musik, Happening, Ritual und politischen Aktivismus durch einen kollektiven Arbeitsprozess vereint. Ein Score, der festgefahrene Strukturen von Macht, Ausbeutung, Unterdrückung und Zerstörung der Welt ins Wanken zu bringen versucht. Keith Hennessy und seine MitstreiterInnen sehen ihre Arbeit in Circo Zero als poetische Reaktion auf das Wirtschaftssystem, als anarchisch-queeren Weltgegenentwurf, der trotz aller heftigen Attacken so etwas wie eine grandiose Liebeserklärung an eine Welt - wie sie sein könnte - und ihre Menschen ist.

Die Idee von Improvisation als Antwort auf die Krise

Als Antwort sowohl auf die ökonomische wie ökologische Krise versteht sich auch die Produktionsmethode der Performance, in die sich bei jeder Aufführung neue Mitglieder einbringen, die sich fixen Festschreibungen verweigert, deren Ausgang jedes Mal offen ist, die in physischer wie psychischer Hinsicht immer dem Risiko verschrieben ist. Die Idee von Improvisation erhält dabei eine neue inhaltliche Aufladung: als politische Taktik wie als Überlebensstrategie. Turbulence ist ein Spiel mit normativen Brüchen, mit der bewussten Missachtung gesellschaftlicher wie ökonomischer und politischer Regeln.

Etwa 15 KünstlerInnen riskieren während der Performance ihre Körper, ihren Geist, ihre Emotionen und schaffen, ohne dass wir merken, wann und ob die eigentliche Performance beginnt oder endet, in Interaktion mit dem Publikum eine temporäre non-hierarchische Mikrogesellschaft, ein organisches Kraftfeld mit enormer Ausstrahlung. Und wenn wir die Performance verlassen, so haben wir das Gefühl, einen Wald verlassen zu haben, in dem wir gerade eben eine unserer wichtigsten Erfahrungen gemacht haben, ohne zu wissen, was es genau war. Mit Turbulence hat der Performance-Künstler, Choreograph und Radical Faeries-Aktivist Keith Hennessy eine der bedeutendsten (politischen) Performances unserer Zeit geschaffen.

Sexualität gepaart mit Aktivismus

Als Pionierinnen des Ökosex, der künstlerischen, spirituellen und politischen Bewegung, die es versteht, Sexualität mit ökologischem und gesellschaftspolitischem Aktivismus zu fusionieren, sehen Annie Sprinkle und Beth Stephens die Erde nicht als Mutter, sondern als Geliebte. Indem sie das Verhältnis des Individuums zur Natur von der Vorstellungsebene eines verwandtschaftlich-hierarchischen in ein frei gewähltes, partnerschaftliches Verhältnis voll von Zuneigung und (erotischem) Verlangen transformieren, bringen sie konservative gesellschaftspolitische Wertesysteme gehörig ins Wanken. Deutlich wurde dies in den letzten Jahren, als das Ehepaar rund um den Erdball Kunsthochzeiten inszenierte, in denen sie - getraut von Größen wie Reverend Billy, Beatrix Preciado oder Keith Hennessy - mittlerweile Bäume, Flüsse, Seen, Berge, ja sogar die Erde, die Sonne und den Mond geheiratet haben. Die äußere Gestalt des Rituals bestimmt dabei immer die tradierte Form der Hochzeit, minutiös inszeniert bis ins Detail, die inhaltliche Aufladung setzt dann allerdings einen massiven Umwertungsprozess in Gang.

Die Hochzeit mit der Erde

Zum donaufestival inszenieren die beiden Künstlerinnen, Aktivistinnen, Universitätsprofessorinnen, Sex-Gelehrten und Porno-Produzentinnen unter dem Titel Marry the Soil – A Dirty Ecosexual Wedding eine schmutzige ökosexuelle Hochzeit, indem sie den Boden, die Erde, den Schlamm heiraten werden. Das etwa dreistündige Happening und Ritual wird in Zusammenarbeit mit zahlreichen freiwilligen MitperformerInnen zwischen dem Kloster UND und dem Garten des Klangraum Krems Minoritenkirche in Stein inszeniert. Radical Faeries, Queer-, LBGT-, Öko-, Polit- und Saatgut-AktivistInnen sind herzlich eingeladen, sich aktiv an der Performance zu beteiligen. Sämtliche BesucherInnen des Festivals sind natürlich auf der Gästeliste der Hochzeit, die einzige Bedingung ist die Einhaltung des Dress Code: "Braune Farben, Erdtöne, kommt als Bräute und Bräutigame, verkleidet euch als Samen oder Dirty Persons, oder wie auch immer ihr wollt: Be festive!"

Für die Performance von Annie Sprinkle und Beth Stephens werden noch Mitwirkende gesucht. Infos dazu finden Sie unter www.donaufestival.at.

 30.04. & 01.05.

Keith Hennessy/Circo Zero: TURBULENCE (A DANCE ABOUT THE ECONOMY)

01.05.

Annie Sprinkle & Beth Stephens: MARRY THE SOIL / A DIRTY ECOSEXUAL WEDDING