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Troels Oerting, Chef des Europol-Cybercrime-Zentrums.

Foto: APA/EPA/JULIEN WARNAND
Grafik: Der Standard

Die angeschnittene Zwiebel, die Troels Oerting, dem Leiter des Cybercrime-Zentrums von Europol, die Tränen in die Augen zu treiben vermag, ist das Logo des TOR-Netzwerkes zur Anonymisierung von Verbindungsdaten. Den Schutz der Privatsphäre im Internet, für den The O nion Routing entwickelt wurde, wissen vor allem seit dem NSA-Abhörskandal auch immer mehr Cyberkriminelle zu schätzen. Unknackbar sind dieses und andere verschlüsselte Netzwerke für Web-Browsing, Instant Messaging und E-Mails nicht, doch sie erschweren den Fahndern ihre Arbeit massiv. Vor allem der kommerzielle Handel mit Kinderpornografie läuft laut Europol über verdeckte Server.

Tausch ohne Gewinnabsicht

Der Großteil von verbotenen, kinderpornografischen Inhalten wird allerdings nach wie vor relativ offen in Foren und in sozialen Netzwerken ohne Gewinnabsicht getauscht. Diese Einschätzung deckt sich auch mit den Berichten des österreichischen Bundeskriminalamtes. 543 diesbezügliche Anzeigen gab es 2012 - 502 waren es im Jahr davor.

Auch den heimischen Cybercops machen Anonymisierungsdienste im Internet das Berufsleben zunehmend schwerer. Dennoch konnte die Gesamtzahl der Anzeigen wegen IT-Kriminalität zuletzt auf 10.231 mehr als verdoppelt werden. Und im ersten Halbjahr 2013 setzte sich der Aufwärtstrend mit 6413 Anzeigen fort. Ein Teil davon betraf die weltweite Online-Drogenbörse Silk Road, deren Hauptverdächtige aus den USA auch Komplizen in Österreich gehabt haben sollen.

Bestellbetrug im Internet ist zwar fast schon Old School in der digitalen Zeitrechnung, führt aber immer noch die Hitlist der Cybergaunereien an. Auf ge- oder verfälschte Webseiten mit Umleitung auf schnell wechselnde Konten fallen jährlich tausende User herein. Auch Love-Scamming, das statt vorgegaukelter Beziehungen nur Löcher in Geldbörsen schafft, steht hoch im Kurs.

Ziemlich gut gemacht ist der vermutlich aus einem rumänischen Software-Labor stammende Polizei-Virus, der auf Webseiten oder in E-Mail-Anhängen lauert und, einmal eingefangen, Computer sperrt und aufforderte, eine Strafe zu zahlen. Der Virus taucht immer noch in mehreren Versionen auf, eine davon sogar mit dem Konterfei des Bundespräsidenten. Wer sich den möglichen Ausweg über eine Systemwiederherstellung nicht zutraut, sollte den lästigen Virus von Spezialisten unschädlich machen lassen. Die vermeintliche Strafe zu zahlen bringt jedenfalls genau gar nichts.

Hacker im Krimina

Wie die Polizei-Virus-Abkassierer bewegen sich auch Hacker auf strafrechtlich relevantem Boden. Die Strafen dafür liegen zwischen dem, was in der analogen Welt auf Hausfriedensbruch und Einbruchsdiebstahl steht. Das Delikt "Widerrechtlicher Zugriff auf ein Computersystem" ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten. Ist ein Täter Mitglied einer kriminellen Vereinigung, blüht ihm eine Haftstrafe bis zu drei Jahren.

Heimische Cybercops sind oft überrascht davon, wie einfach es Frau und Herr Österreicher Gaunern machen. Viele PCs und Laptops hätten weder Firewall noch Antivirenschutz, vor allem Tablets und Smartphones würden oft überhaupt nicht geschützt. Laut einer Erhebung der OECD über Schlüsselkompetenzen (PIAAC) sind zehn Prozent aller erwachsenen Internet-Nutzer in Österreich lediglich in der Lage, simple Anwendungen wie das Einsortieren von E-Mails zu nutzen. (Michael Simoner, DER STANDARD, 8.3.2014)