Das Wohnzimmer braucht eine neue Lampe. Stromsparende LEDs wären gut. Die kurze Recherche bei einem gut besuchten Online-Greißler ergab, dass die meisten dieser kühlen Lichtgeber doch nicht so richtig passen. Gut, eine gäbe es, die käme infrage. Aber wer weiß. Vielleicht doch ein Besuch im Fachgeschäft, vielleicht bleibt es auch bei der alten.
Doch die in Betracht gezogene Online-Lampe, sie lässt nicht locker. Sie beginnt mit ihrer Verfolgungsjagd durchs Internet. Sie flankiert die Suchergebnisse in den Wörterbüchern, sie drängt sich unter die Artikel auf diversen News-Plattformen, sie begleitet mich vom Hundertsten ins Tausendste.
Sie ist jeden Tag da, diese Lampe. Sie drängt sich nicht in den Vordergrund. Sie ruft nicht: "Kauf mich!" Sie stellt sich einfach nur zur Debatte. Ob ich sie nicht doch kaufen sollte? Eigentlich ist sie ja ganz in Ordnung, die Lampe, jetzt wo ich sie schon so lange kenne. Ich besuche sie noch einmal beim Online-Händler.
Tage später ist die Lampe noch immer da. Je länger ich sie betrachte, desto sicherer bin ich mir: Ich will dieses Leuchtmittel nicht. Diese Lampe ist hässlich. Hinge diese Lampe in meinem Wohnzimmer, ich fühlte mich verfolgt.
Längst sehne ich mich nach den Dingen des Lebens, die diese wirklich abgrundtief hässliche Lampe in ihrem Inserat verdeckt. Wo sind die Urlaubsschnäppchen? Wo die kostenlosen Online-Spiele? Gibt es noch andere Einrichtungsgegenstände? Die Lampe nimmt mir Freiheit. Sie verweigert mir den Blick auf das Zufällige. Eine Werbung, die mich spiegelt: Sie engt mich ein. Sie bedroht mich mit meinen Wünschen von gestern und macht daraus ein Gefängnis. (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 8./9.3.2014)