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Kanzlerin Angela Merkel will mit harten Sanktionen gegen Russland zuwarten, sieht Präsident Wladimir Putin aber skeptisch.

Foto: Reuters/Demianchuk

Der Versuch der Staats- und Regierungschefs der EU, Russlands Präsidenten Wladimir Putin im Streit um die Besetzung der Krim und die Anerkennung der ukrainischen Übergangsregierung zum Einlenken zu bringen, schien am Freitag ohne jede Erfolgsaussicht.

In einer Erklärung des russischen Außenministeriums wurden die Beschlüsse des EU-Gipfels tags davor scharf zurückgewiesen. Die EU habe "eine extrem unkonstruktive Position eingenommen", indem die Gespräche über Visaerleichterungen auf Eis gelegt wurden. Russland sei "nicht bereit, die Sprache von Sanktionen und Drohungen zu akzeptieren".

Sollte die Union angekündigte Strafmaßnahmen tatsächlich verhängen, werde Russland Vergeltung üben. Wie berichtet, hatten die Staats- und Regierungschefs - anders als die USA - auf spürbare Sanktionen wie das Einfrieren von Konten oder Einreiseverbote für die Verantwortlichen bei der Besetzung der Krim verzichtet.

Von einem vereinbarten Drei-Stufen-Plan sollte zunächst nur die Verhandlung über Visaerleichterungen und Partnerschaft gestoppt werden, bei denen sich aber ohnehin schon seit Monaten nichts mehr bewegt hat.

Konto- und Visasperren soll es nur dann geben, wenn Putin zu keinerlei Dialog bereit ist. Aus ihrer Sicht ist die Abtrennung der Krim klar völkerrechtswidrig und müsse zurückgenommen werden. Eine zu bildende Kontaktgruppe der Westmächte mit Russland solle die Einheit der Ukraine, demokratische Entwicklung, die Wahrung aller Minderheitenrechte erarbeiten, auch die Beteiligung der russischsprachigen Bevölkerung.

Putin hat das bisher abgelehnt. Im Gegenteil: Die Vorbereitungen für ein Referendum über die Unabhängigkeitserklärung der Krim schon am 16. März und die Eingliederung in die Russische Föderation sind voll angelaufen, unter Akklamation der Duma in Moskau. Die Übergangsregierung in Kiew akzeptiert das nicht. Premier Arseni Jazenjuk hat Putin erneut Gesprächsbereitschaft angeboten.

Für den Fall, dass die Lage so bleibt, könnte es in wenigen Tagen wieder einen EU-Gipfel geben, bei dem die zweite Stufe der Maßnahmen beschlossen wird. Echte harte Wirtschaftssanktionen wie die Blockade von Warenlieferungen sind aber noch nicht auf der Tagesordnung. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte, solche Schritte seien nur für den Fall vorgesehen, dass Russland beginnt, nach der Krim auch den Ostteil der Ukraine zu destabilisieren, die Spaltung weiter voranzutreiben.

Russland liefert die Hälfte seiner Exporte nach Europa, braucht vor allem das Geld aus Öl- und Gasverkauf. Gazprom droht ihrerseits mit einem Lieferstopp in die Ukraine, sollten Gasschulden von umgerechnet 1,37 Milliarden Euro nicht bezahlt werden.

Diese Zurückhaltung gegenüber Wirtschaftssanktionen (die freilich von EU-Staaten aus Osteuropa vehement gefordert wird) führt bereits zu ersten Analysen, dass die EU-Staaten sich damit abfinden, dass die Krim unter russische Herrschaft kommt. Die EU-Staaten würden den Krim-Status zwar nie anerkennen, aber deswegen auch keinen Krieg beginnen.

Die Krim-Frage würde, so wie die Besetzung von Teilen Georgiens 2008 durch russische Truppen, ein langer internationaler Konflikt bleiben. Gezielte EU-Visasperren und Kontoblockaden würden Putin nicht sehr kratzen.

Falscher Terroralarm

Für Aufregung sorgte Donnerstagabend ein falscher Terroralarm um ein aus Brüssel kommendes Flugzeug der Austrian Airlines, in dem der ukrainische Übergangspremier Jazenjuk auf dem Weg nach Kiew saß. Es gab eine Kommunikationspanne der Flugüberwachung mit dem Piloten. Die Maschine wurde in Wien von einer Cobra-Einheit empfangen und durchsucht. Jazenjuk konnte unbehelligt weiterreisen. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 8.3.2014)