London - Der Chef der Anti-Terror-Einheit von Scotland Yard ist wegen eines belastenden Untersuchungsberichts über den Mord an einem schwarzen Teenager vorübergehend vom Dienst suspendiert worden. Richard Walton wurde bis auf Weiteres auf einen Posten außerhalb des "operativen Geschäfts" versetzt, wie die Polizeibehörde am Freitag mitteilte.

Mit seinem Fall befasse sich nun eine für Beschwerden über die britische Polizei zuständige unabhängige Kommission, so die Behörde. Waltons Suspendierung steht im Zusammenhang mit einem am Donnerstag erschienenen Untersuchungsbericht zum Tod des 18-jährigen Stephen Lawrence, der 1993 an einer Londoner Bushaltestelle von weißen Angreifern erstochen worden war.

Das rassistisch motivierte Verbrechen war wegen schleppender Ermittlungen lange unbestraft geblieben, wobei Walton gegen seine Dienstpflichten verstoßen haben soll. Scotland-Yard-Chef Bernard Hogan-Howe hatte den Untersuchungsbericht in einem Interview mit dem "Evening Standard" als "niederschmetternd" und den Erscheinungstermin am Donnerstag als "einen der schlimmsten Tage" seiner Karriere bezeichnet.

Bericht: Polizei mit latentem Rassismus-Problem

Der Fall Lawrence hatte in Großbritannien für großes Aufsehen gesorgt. Der Abschlussbericht einer ersten öffentlichen Untersuchung kam 1999 zu dem Schluss, dass die britische Polizei ein latentes Rassismus-Problem habe. Erst 2012 wurden schließlich zwei Männer wegen des Verbrechens verurteilt.

In dem am Donnerstag erschienen Untersuchungsbericht wird Walton "völlig unangemessenes" Verhalten vorgeworfen, weil er sich 1998 - während er Dokumente für die offizielle Darstellung des strittigen Falls durch die Polizei sammelte - mit einem V-Mann getroffen haben soll, der in die Familie von Lawrence eingeschleust worden war. Außerdem hatte Walton demnach widersprüchliche Aussagen zu seinem Verhalten gemacht.

Innenministerin Theresa May sagte nach der Veröffentlichung des Berichts, das Ansehen der Polizei sei durch die Enthüllungen beschädigt worden. Sie kündigte eine öffentliche Untersuchung der verdeckten Polizeiermittlungen an. (APA, 8.3.2014)