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Das OSZE-Team (Rücken zur Kamera) wird in der Nähe von Armyansk von unidentifizierten Bewaffneten am Grenzübertitt gehindert

Foto: EPA/OSCE HANDOUT

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Im westukrainischen Lviv werden Armeefahrzeuge auf Waggons verladen

Foto: EPA/IVAN BOBERSKYY

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Die russische Marine hat in der Hafeneinfahrt von Yevpatorya ein Schiffswrack versenkt, um die Zufahrt zu versperren

Foto: REUTERS/David Mdzinarishvili

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Militärische Fahrzeuge ohne Kennzeichen auf dem Weg in die Stadt Simferopol.

Foto: AP Photo/Darko Vojinovic

Kiew/Sewastopo - In der Ukraine-Krise ist trotz Aufrufen aller Seiten zu einer politischen Lösung keine Entspannung in Sicht. Auf der von Russland kontrollierten Halbinsel Krim verstärkten russische Truppen am Samstag die Blockaden ukrainischer Stützpunkte. OSZE-Beobachtern wurde erneut der Zugang zur Krim verwehrt, unter Abfeuerung von Warnschüssen. Auch diplomatisch verhärteten sich die Fronten.

Nach dem Umsturz in Kiew hatten Ende Februar prorussische Bürgerwehren sowie mutmaßlich russische Soldaten die Kontrolle über die Krim übernommen. Das dortige Parlament rief Russlands Staatschef Wladimir Putin am Donnerstag auf, die Halbinsel in die Russische Föderation aufzunehmen, und setzte ein Referendum für Sonntag kommender Woche an. Am Freitag sagte das russische Parlament seine Unterstützung zu.

Hafenausfahrt gesperrt

Vor dem ukrainischen Marinestützpunkt Nowosernoje zeigten sich russische Soldaten zunehmend nervös. "Die Lage hat sich geändert. Die Spannungen sind stark gestiegen. Sie müssen gehen, sie können hier nicht filmen", herrschte ein russischer Soldat ein Reuters-Team an. Rund 100 russische Soldaten blockieren die Basis, deren Hafenausfahrt auch von einem russischen Schiff versperrt wird.

Die Atmosphäre habe sich verschlechtert, sagte der stellvertretende Stützpunktkommandeur, Wadim Filipenko. "Die Russen bedrohen uns, wenn wir Lebensmittel holen, und richten ihre Gewehre auf uns." Hunderte Soldaten rückten zudem in einen Stützpunkt nahe der Krim-Hauptstadt Simferopol ein. Reuters-Reporter sahen einen Konvoi von 50 Truppentransportern, acht gepanzerten Fahrzeugen und Tankwagen in die Basis einfahren.

Warnschüsse gegen OSZE-Beobachter

Den dritten Tag in Folge verwehrten Bewaffnete den Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den Zugang zur Halbinsel. Dieses Mal seien sogar Warnschüsse abgefeuert worden, teilte die OSZE mit. An einem Kontrollposten bei Armiansk hätten bewaffnete Männer unbekannter Herkunft den Bus mit den OSZE-Beobachtern angehalten, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen in Wien. "Sie hatten ihre Waffen entsichert", sagte ein Diplomat, der in Kontakt zur OSZE-Mission steht, zum Vorgehen der Uniformierten. Vor dem Bus mit den Beobachtern seien unterschiedlichen Agenturberichten zufolge zwei oder drei Salven abgefeuert worden. Damit sich das Fahrzeug nicht weiter nähere, hieß es. Der Bus selbst sei dabei aber nicht getroffen worden.

Die Experten sollen die militärischen Aktivitäten Russlands auf der Krim beobachten. Prorussische Einheiten hatten dem OSZE-Team bereits am Donnerstag und Freitag mehrfach den Zugang zu der Schwarzmeer-Halbinsel versperrt. Die rund 50 Experten aus 28 Ländern seien nun auf dem Weg von dem Kontrollposten bei Armiansk zu ihrem Stützpunkt, sagte die OSZE-Sprecherin. Dort wollten sie ihre nächsten Schritte planen. Die OSZE-Mission soll bis zum kommenden Mittwoch dauern.

Direkte Verhandlungen

Erstmals in der Krim-Krise trafen sich am Samstag Vertreter von Russland und der Ukraine persönlich zu einem Gespräch. Der russische Vizeaußenminister Grigori Karassin sei in Moskau mit dem ukrainischen Botschafter Wladimir Jeltschenko zusammengekommen, teilte das Außenministerium in Moskau mit. "In aufrichtiger Atmosphäre wurden Fragen der russisch-ukrainischen Beziehungen besprochen", hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums.

Zugleich verhärteten sich die diplomatischen Fronten: Polen schloss sein Konsulat auf der Krim und begründete dies mit "anhaltenden Störungen durch russische Truppen". Der Chef der pro-russischen Krim-Regierung, Sergej Axjonow, wies Forderungen der Ukraine und des Westens nach einer Absage des für den 16. März geplanten Referendums über einen Anschluss der Krim an Russland kategorisch zurück. Der Westen lehnt die Volksabstimmung ab und hat weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt.

Parlament soll Todesschüsse untersuchen

Die neue  Führung der Ukraine will die Todesschüsse während der Proteste im Februar in Kiew von einem Parlamentsausschuss untersuchen lassen. Dem Gremium würden Abgeordnete aller Fraktionen angehören, sagte ein Sprecher der Sicherheitsbehörden am Samstag der Agentur Interfax in Kiew. Gehört werden sollten unter anderem internationale Experten sowie Ärzte, Ballistiker und Augenzeugen. Für die Leitung sei der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Andrej Parubij, vorgesehen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat eine Untersuchung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu den tödlichen Schüssen während der Straßenschlachten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew gefordert.

"Es gab zu viele Lügen, und diese Lüge wurde zu lange benutzt, um die europäische öffentliche Meinung in die falsche Richtung zu drängen, im Widerspruch zu den objektiven Tatsachen", sagte Lawrow am Samstag in Moskau. "Die jüngsten Informationen" zu den Vorkommnissen Fall könnten "nicht mehr verheimlicht" werden.

Russische Staatsmedien hatten vor wenigen Tagen berichtet, der Umsturz im Nachbarland könnte mit Blut inszeniert worden sein. Anlass war der heimliche Mitschnitt eines Telefonats des estnischen Außenministers Urmas Paet mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton Ende Februar. Darin berichtete Paet von Gerüchten, wonach das Maidan-Lager selbst Scharfschützen engagiert haben könnte. Der Minister wies später zurück, ein Urteil abgegeben zu haben, dass die damalige Opposition in Kiew an der Gewalt beteiligt gewesen sei.

Krim-Referendum soll stattfinden

Politisch zeigten weder die pro-russische Regionalregierung noch Russland Bereitschaft, auf Forderungen der Ukraine und des Westens einzugehen. Das umstrittene Referendum über den Anschluss der Krim an Russland werde stattfinden, sagte Krim-Regierungschef Axjonow. "Niemand kann es absagen." Das Referendum sei so kurzfristig angesetzt worden, um Provokationen zu vermeiden, sagte er laut Itar-Tass im russischen Fernsehen.

Merkel droht

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel will nicht am für Anfang Juni geplanten Gipfeltreffen der acht führenden Industriestaaten (G-8) im russischen Sotschi teilnehmen, falls das für 16. März geplante Referendum über die Zukunft der ukrainischen Halbinsel Krim stattfindet.

Die Übergangsregierung in Kiew bezeichnet das Referendum als illegal. Auch US-Präsident Barack Obama sprach von einem unrechtmäßigem Schritt. Beide bewerteten das Vorgehen Russlands als inakzeptabel, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die USA und die EU haben weitere Sanktionen gegen Russland angedroht, sollte die Volksabstimmung stattfinden. (APA/Reuters, 8.3.2014)