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Prorussische Demonstration in Sewastopol, der größten Stadt auf der Krim. Im Hintergrund ist eine Statue von Pawel Stepanowitsch Nachimow zu sehen. Der russische Admiral kommandierte die verteidigenden Truppen bei der Belagerung der Stadt im Krimkrieg (1853-1856).

Foto: REUTERS/Baz Ratner

Simferopol - Eine Woche vor dem umstrittenen Krim-Referendum hat die lokale politische Führung einen raschen Beitritt zur Russischen Föderation angekündigt. "Der Übergangsprozess in eine neue Rechtsprechung ist kompliziert. Aber wir gehen davon aus, dass alles noch im März gelingt", sagte am Samstag der Vorsitzende des prorussischen Regionalparlaments, Wladimir Konstantinow.

Laut der Agentur Itar-Tass versprach Konstantinow den Lehrern, Ärzten, Soldaten, Polizisten und anderen Beamten auf der völkerrechtlich zur Ukraine gehörenden Krim, dass sich deren Einkommen in Zukunft im Schnitt vervierfachen werden. Bei dem Referendum am 16. März sollen die Bewohner der Halbinsel entscheiden, ob die Krim sich der Russischen Föderation anschließt. Russland hat bereits angekündigt, die Schwarzmeer-Halbinsel eingliedern zu wollen. Die ukrainische Regierung bezeichnet die Volksabstimmung als illegal.

Milliarden aus Moskau

Vor dem für kommenden Sonntag geplanten Referendum auf der Krim hat Russland der Schwarzmeer-Halbinsel umfangreiche Finanzhilfen in Aussicht gestellt. Moskau wolle der Krim für Infrastrukturmaßnahmen 1,1 Milliarden Dollar (790 Millionen Euro) zur Verfügung stellen, sagte der Vizevorsitzende des Industrieausschusses im Parlament in Moskau, Pawel Dorochin, laut der Nachrichtenagentur Interfax.

Die russische Regierung habe 40 Milliarden Rubel für die Krim zurückgestellt, sagte er mit Bezug auf die entsprechende Summe, am Sonntag in Simferopol. Das Geld sei "in erster Linie" für Unternehmen aus dem Rüstungsbereich vorgesehen, darunter für die Wartung von Schiffen der russischen Schwarzmeerflotte, sagte Dorochin. In Sewastopol liegt die russische Schwarzmeerflotte. Ein Abkommen mit der Ukraine sichert Russland den Standort bis 2035.

Zusammenstöße bei Demos auf der Krim

In Sewastopol auf der Krim ist es am Sonntag zu Zusammenstößen zwischen Anhängern Moskaus und Unterstützern der Übergangsregierung in Kiew gekommen. Wie ein AFP-Reporter beobachtete, attackierten rund hundert Menschen mit Knüppeln mehrere Ordnungskräfte, die eine Kundgebung zum 200. Jahrestag des Geburtstags des ukrainischen Nationalhelden Taras Schewtschenko beschützten.

Einige der Angreifer waren vermummt und trugen schusssichere Westen. Sie zerstörten ein Auto und blockierten die Ordnungskräfte, zunächst war aber unklar, ob es Verletzte gab. Zu der Kundgebung für Schewtschenko kamen rund 200 Menschen. Sie schwenkten ukrainische Fahnen, sangen die Nationalhymne und kritisierten die "russische Besetzung" der Krim.

Zeitung: Übergang zur Krim vermint

Unterdessen haben haben prorussische Kräfte auf der Krim laut einem Zeitungsbericht damit begonnen, den Übergang zur Halbinsel zu verminen. Die Sprengladungen seien auf freiem Feld neben einem Feldlager in der Nähe der Ortschaft Tschongar vergraben worden, berichtete ein Korrespondent der russischen Zeitung "Nowaja Gaseta" am Samstag. Eine offizielle Bestätigung lag nicht vor.

Entlang der Ortschaft Tschongar verläuft eine der beiden Landstraßen, die die Halbinsel mit dem ukrainischen Festland verbinden. Am Freitag war eine Beobachtergruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei Tschongar der Zugang zur Krim verwehrt worden. Die zweite, westlich gelegene Landverbindung führt an der Ortschaft Armiansk vorbei. Dort feuerten prorussische Uniformierte am Samstag Warnschüsse ab, um die OSZE-Beobachter ebenfalls an der Weiterfahrt Richtung Krim zu hindern.

"Spiegel": Bis zu 6.000 russische Soldaten auf der Krim

Entgegen den Beteuerungen von Präsident Wladimir Putin hat Moskau nach "Spiegel"-Informationen Tausende Soldaten auf die Krim gebracht. Sicherheitsexperten mehrerer NATO-Staaten könnten belegen, dass seit dem Beginn der Krise mindestens 2.000 russische Soldaten auf die ukrainische Halbinsel geflogen worden seien, berichtet das Nachrichtenmagazin. Schätzungen der NATO gingen sogar von 6.000 zusätzlichen Soldaten aus, die Moskau auf die Krim beordert habe.

Russische Truppen haben unterdessen nach ukrainischen Angaben am Sonntag einen weiteren Posten der Grenztruppen auf der Krim übernommen. In dem Stützpunkt im Westen der Halbinsel säßen nun rund 30 ukrainische Soldaten fest, teilte ein Sprecher der Grenztruppen fest. Die Übernahme sei gewaltlos verlaufen.

Die Beauftragte für Medienfreiheit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Dunja Mijatovic, hat zudem die Schließung ukrainischer TV-Sender sowie Angriffe auf Journalisten auf der Halbinsel Krim verurteilt. In einer Aussendung sprach Mijatovic am Samstag von "extremer Zensur".

Kiew dreht Krim Geldhahn zu

Die Übergangsregierung in Kiew hat der Krim den Geldhahn zugedreht. Wegen einer Sperrung der Bankkonten könne das autonome Gebiet laufende Geschäfte nicht mehr finanzieren, sagte Krim-Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew am Sonntag in Simferopol.

Die Führung habe sich bereits an Moskau gewandt, um bei russischen Banken Konten zu eröffnen. Die Halbinsel werde sowieso die russische Währung Rubel einführen, sollte die Mehrheit der Krim-Bevölkerung am kommenden Sonntag - wie erwartet - für einen Beitritt zu Russland stimmen, erklärte Temirgalijew.

Erste direkte Gespräche

Erstmals in der Krim-Krise haben sich Vertreter von Russland und der Ukraine persönlich zu einem Gespräch getroffen. Der russische Vizeaußenminister Grigori Karassin sei in Moskau mit dem ukrainischen Botschafter Wladimir Jeltschenko zusammengekommen, teilte das Außenministerium in Moskau am Samstag mit.

"In aufrichtiger Atmosphäre wurden Fragen der russisch-ukrainischen Beziehungen besprochen", hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums.

Kurz in Kiew

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte am Sonntag zum Auftakt seines Besuchs in Kiew an, dass der Europarat der ukrainischen Interimsführung bei der Umsetzung notwendiger Reformen helfen werde. Kurz, der auch den Maidan, das Zentrum der ukrainischen Protestbewegung, besuchte, hält sich in seiner Funktion als amtierender Vorsitzender des Europarates in der Ukraine auf. (APA, 9.3.2014)