Muss man im Konflikt um die Ukraine auf einer Seite stehen? Ja, muss man. Erstens auf der Seite der Demokratie, zweitens auf der Seite der Wahrheit, drittens auf der Seite der Vernunft.

Und viertens muss man alles drei unter einen Hut bekommen, womit nicht wenige Leute derzeit offenbar ein Problem haben.

Russland isolieren? Mit Sanktionen belegen? Putin zum Paria machen? Ja, damit wird man eine solche heikle Situation sicher entspannen, aber ganz sicher.

Gescheite Leute würden versuchen, diplomatische Missionen zu starten, um eine Lösung herbeizuführen. Denn es gibt ein paar gemeinsame Interessen, die Putin mit der Europäischen Union teilt. Beide haben kein Interesse an chronischer Instabilität in der Ukraine. Putin will nicht von der Nato eingeschnürt werden, aber letztlich haben auch die europäischen Nato-Staaten kein Interesse daran, abseits des Baltikums an Russland zu grenzen.

Also: Neutralität der Ukraine, kein Nato-Beitritt des Landes. Ein EU-Assoziationsabkommen muss einem ähnlichen Abkommen mit Russland nicht im Wege stehen. Sofortiger Beginn von Gesprächen über den Status der Krim, am besten im langsamen OSZE-Modus. Denn das verschiebt eine endgültige Entscheidung für's erste einmal. Eine Lehre gelungener Diplomatie ist ja schließlich, dass manchmal die beste Lösung ist, eine Lösung zu vertagen.

Antirussisches Gebelle bringt uns jedenfalls nicht weiter (Robert Misik, derStandard.at, 9.3.2014)