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Premier Robert Fico gilt als Favorit für den Präsidentenposten - seine Konkurrenten konnten zuletzt aber aufholen.

Foto: REUTERS/Radovan Stoklasa

Lange wähnte sich der slowakische Premier Robert Fico in Sicherheit, das Amt des scheidenden Präsidenten Ivan Gasparovic übernehmen zu können. Knapp eine Woche vor der Wahl erweist sich Millionär Andrej Kiska nun aber doch als starker Konkurrent.

In knapp einer Woche wählen die Slowaken ihren Präsidenten. Zum vierten Mal seit 1999 wird das Staatsoberhaupt am Samstag in einer Direktwahl bestimmt. Amtsinhaber Ivan Gasparovic kann nach zwei Amtszeiten nicht mehr wiedergewählt werden, er verabschiedet sich am 15. Juni in den Ruhestand. Insgesamt werben vierzehn Kandidaten um die Gunst der Wähler - mehr denn je.

Erstmals in der slowakischen Geschichte steht auf dem Wahlzettel auch der Name des Premierministers. Robert Fico ist seit 2012 an der Macht, und seine Partei, die linksorientierte Smer-SD, bildet mit 83 von 150 Sitzen im Parlament allein die Regierung. Fico begründet seine Kandidatur auch damit, "komfortablere Bedingungen für die Zusammenarbeit der höchsten Vertreter der Verfassungsorgane" schaffen zu wollen.

Sorge um Gewaltenteilung

Im Vorfeld der Wahlen wurde er stark dafür kritisiert, dass er versuche, alle Macht an sich zu reißen und die Gewaltenteilung einzuschränken. Sollte Fico siegen, müsste das Land naturgemäß einen neuen Premierminister bekommen. Neuwahlen wären aber auch dann nicht notwendig.

Der slowakische Präsident hat verschiedene Kompetenzen. Er ernennt zum Beispiel auf Vorschlag des Parlaments die Richter des Verfassungsgerichtes, die des Obersten Gerichtes und den Generalstaatsanwalt. Diesen Posten besetzt seit Juni letzten Jahres ein ehemaliger Mitschüler Ficos.

Über die Hälfte der Stimmen aller Wahlberechtigten muss ein Kandidat in der ersten Wahlrunde erhalten, um direkt slowakischer Präsident zu werden. Eine mögliche Stichwahl ist für den 29. März angesetzt. Klarer Favorit in der ersten Runde ist der Premierminister selbst - auch wenn er wohl kaum direkt in den Präsidentenpalast einziehen wird.

Um Platz zwei kämpfen hingegen noch mehrere Bewerber. Die meisten von ihnen haben keine Partei hinter sich stehen. Dem von drei Oppositionsparteien unterstützten Kandidaten Pavol Hrusovský werden dabei eher geringe Chancen eingeräumt. Der Anwalt ist Abgeordneter der Christlich-Demokratischen Bewegung KDH. Bei Umfragen erhielt er höchstens acht Prozent der Stimmen, um Boden aufzuholen, versuchte er zuletzt stark mit konservativen Kernthemen Stammwähler anzusprechen.

Um Hrusovský die Unterstützer abzuwerben, gaben sich die Smer-SD und Robert Fico vor den Wahlen konservativ. In einem Video-Interview erinnert sich das ehemalige Mitglied der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei an seine "katholisch orientierte" Familie und deren Einfluss auf sein Leben.

Außerdem wurde wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen eine Vereinbarung der Smer-SD mit der Partei KDH getroffen. Die beiden Parteien wollen mit Zweidrittelmehrheit eine Änderung der Verfassung durchsetzen. Dabei geht es um eine neue Passage, in der nach dem Willen der beiden Gruppierungen eine Definition "über den Schutz der Familie" aufgenommen werden soll. Konkret soll die Ehe klarer als bisher als "Bündnis zwischen Mann und Frau" festgelegt werden. Sollte diese Verfassungsänderung im Mai endgültig beschlossen werden, würde sie am 1. Juli 2014 in Kraft treten - also noch vor Angelobung des neuen Präsidenten.

Viel gefährlicher als der Kandidat der Opposition könnten Fico allerdings mehrere parteiunabhängige Kandidaten werden: So wird er etwa mit dem Schauspieler Milan Knazko konfrontiert. Er war Mitorganisator von Protestveranstaltungen der Samtenen Revolution 1989 und Berater von Václav Havel. In den 1990er-Jahren war er zu Regierungszeiten Vladimír Meciars Außenminister, danach Kulturminister. Im Jahr 2002 zog er sich aus der Politik zurück. Nun tritt er als parteiunabhängiger Kandidat an - genauso wie Radoslav Procházka. Der Anwalt arbeitete als Berater des slowakischen Verfassungsgerichtes und vertrat das Land vor dem Gerichtshof der Europäischen Union. Er war einst Mitglied der KDH, trat aber im vergangenen Jahr aus der Partei aus.

Der stärkste Gegner für Fico ist aber Andrej Kiska. Umfragen zufolge hat er die größten Chancen, in einer Stichwahl auf den Premier zu treffen. Der erfolgreiche Unternehmer und Firmengründer rief in den 1990er-Jahren mehrere Finanzierungsgesellschaften ins Leben. Im Jahre 2005 verkaufte er seine Anteile und begann sich öffentlichkeitswirksam der karitativen Arbeit zu widmen. Er gründete Dobrý anjel (Guter Engel) - eine der größten Hilfsorganisationen des Landes, die etwa Familien mit kranken Kindern unterstützt. Kiska betreibt schon knapp zwei Jahre lang Wahlkampf und hat wohl am meisten Geld ausgegeben. Auf konkrete Inhalte setzt er kaum. Er ist in erster Linie Kandidat für die Protestwähler, für die Frustrierten, für die, die keinen Wert auf große ideologische Phrasen legen.

Fico gegen "Nicht-Fico"

Welche Bedeutung die parteiliche Unabhängigkeit bei den Präsidentschaftswahlen spielt, wird sich wohl in der zweiten Wahlrunde zeigen, wenn nicht mehr zwischen vierzehn Kandidaten zur Wahl stehen, sondern nur noch zwei: Fico und Nicht-Fico. (Katrin Litschko aus Bratislava, DER STANDARD, 10.3.2014)