Wien - Eine freudige Bilanz hat Christoph Kardinal Schönborn ein Jahr nach dem Amtsantritt von Papst Franziskus gezogen. So sieht der Wiener Erzbischof Reformen auf dem Weg und ortet eine offenere Diskussionskultur in der katholischen Kirche. In der heimischen Bischofskonferenz sei das Klima schon seit Jahren besser, sagte er am Dienstag bei einer Pressekonferenz - nicht zuletzt aus personellen Gründen.

Es sei der "Schock der Authentizität", den Franziskus hervorgerufen habe, meinte Schönborn, der selbst bei der Wahl des neuen Papstes beim Konklave vor einem Jahr beteiligt war. Franziskus habe "ganz klare Zeichen eines veränderten Stils vorgelebt und praktiziert", mit Traditionen gebrochen, "die man für fast selbstverständlich hielt". Durch den Verzicht auf die Residenz im apostolischen Palast habe der Papst etwa einen direkteren Zugang zu den Menschen.

Aber auch die Schritte hin zu einer Kurienreform würdigte Schönborn. "Papst Franziskus ist auch ein Mann der Entscheidungen", zeigte sich der Kardinal abermals beeindruckt. "Er lässt sich ausgiebig beraten, er hört viel zu, und dann entscheidet er klar und sehr mutig." Die Kurienreform geht laut dem Wiener Erzbischof zudem "sehr zügig voran".

Offeneres Gesprächsklima

Auch für ein offeneres Gesprächsklima habe Franziskus gesorgt, betonte Schönborn. Nicht zuletzt durch die weltweite Umfrage in den Diözesen zum Thema Ehe und Familie. "Das wirkt sich dahingehend aus, dass kontroverser und freier miteinander geredet wird", berichtete der Kardinal. Unter den österreichischen Bischöfen sei dies übrigens schon länger der Fall, da "einige Konfliktpotenziale, die auch personalisiert waren, nicht mehr aktiv" seien.

Nicht nur Franziskus, auch einen seiner Vorgänger als Wiener Erzbischof, den vor zehn Jahren verstorbenen Kardinal Franz König, würdigte Schönborn: "Ich glaube, die Prägung, die er für den Weg der Kirche in diesem Land gegeben hat, bleibt sehr maßgebend." König habe "alte Gräben, die das Land tief gespalten haben, überwunden" und den konfessionellen sowie interreligiösen Dialog forciert.

Abermals weit weniger glücklich zeigte sich Schönborn über die Pfarrerinitiative, die von ihrem "Aufruf zum Ungehorsam" nicht abrücken will. "Ich halte nach wie vor das Wort 'Ungehorsam' für ein verfehltes Wort, und ich werde dabei bleiben", bekräftigte er. Das Gespräch mit der Initiative rund um Helmut Schüller lehnt er aber weiterhin nicht ab. Zudem werde ohnehin in mehreren Gremien, etwa dem Wiener Priesterrat, wo auch Schüller vertreten ist, darüber gesprochen. (APA, 11.3.2013)