An dieser Stelle wurde bereits vom Trend berichtet, nicht mehr die in Spitzenrestaurants unter Verrenkungen mit dem Handy abfotografierten Gourmetmenüs im Internet zu "teilen", sondern den traurigen Fraß, den man oder frau immer wieder einmal vor sich stehen hat, eigen- oder fremdverschuldet. Ein verwandtes Phänomen ist zu entdecken, wenn man sich ein wenig mit der grassierenden Selfie-Manie beschäftigt (zu der bekanntlich auch der Mann im Weißen Haus beigetragen hat, was seine Gattin beim Mandela-Begräbnis mäßig lustig fand, wobei Madame Michelle jedoch nachweislich auch selbst ...).
Beim neuen Trend handelt es sich um eine Kombination des Selbstporträts mit der schönen alten Gattung "Vorher/Nachher". Es geht darum, dass völlig normal aussehende Menschen, die zum Teil sogar die Bezeichnung "gutaussehend" in Anspruch nehmen könnten, das erste Mal brav angepasst in die Linse glotzen, aber das zweite Mal möglichst blöde Gesichter schneiden. Ja, das gab es früher auch schon, aber was damals ein privates Vergnügen im Passbildautomaten war, hat heute das Potenzial, ein Millionenpublikum zu erreichen.
Nach "Schiach essen" also auch noch "Schiach schauen". Man kann das durchaus als dumm, sogar infantil betrachten - oder auch das kleine Vergnügen, das diese Normverletzungen in einer Welt darstellt, wo alles und alle immer schöner und gescheiter werden wollen, still genießen. (guha, DER STANDARD, 12.3.2014)