Resolut: Marguerite Abouets "Aya de Yopougon".

Foto: Tricky Women

Wien - Aya blickt aus großen mandelförmigen Augen auf die Welt: Was sie da sieht, das lässt sie nicht selten eine Schnute ziehen. Aya ist smart, schnell, selten um eine Antwort verlegen. Sie ist 19 Jahre alt und lebt Ende der 1970er-Jahre in der damaligen ivorischen Hauptstadt Abidjan. Ihre Freundinnen interessieren sich für oberflächliche Mädchenvergnügen. Aya will Medizin studieren - nicht einfach heiraten, wie sich ihr Vater das vorstellt.

Im Verlauf des Animationsfilms Aya de Yopougon rücken rund um die Titelheldin die unterschiedlichen beteiligten Familien nach und nach in den Vordergrund. Die zart hingesetzten Gesichter sind dabei immer schön ausdrucksstark, der Hüftschwung sitzt. Neben allerlei Konflikten werden in den Episoden allerdings auch ein Grätzel (Yopougon), ein Lebensgefühl und die dazugehörige (Populär-)Kultur skizziert. Historische TV-Werbespots, die das lokale Bier, eine nationale Bank und Margarine besingen, fungieren als kleine Überleitungen.

Die Geschichte von Aya erschien in Frankreich ab 2005 zunächst erfolgreich als Serie von Comicbänden (bei Reprodukt kommt jetzt die deutsche Wiederveröffentlichung heraus). Die Autorin Marguerite Abouet, 1971 in Abidjan geboren und mit zwölf nach Frankreich übersiedelt, und ihr Partner, der Illustrator Clément Oubrerie, haben die Filmfassung im Vorjahr vorgestellt.

Nun ist Aya de Yopougon einer von drei aktuellen abendfüllenden Animationsfilmen im diesjährigen Line-up von Tricky Women - die anderen sind Tito on ice von Helena Ahonen und Max Andersson, der ebenfalls einen Comic-Bezug hat, und die Dok-Animation Truth Has Fallen von Sheila M. Sofian. Das Gros des Programms gehört aber auch bei der elften Ausgabe des Festivals den kurzen Formaten. Vier internationale Wettbewerbsprogramme und eine Reihe von thematischen Kompilationen zeigen einen Querschnitt aktuellen Trickfilmschaffens von Filmemacherinnen. Viele werden zu Gast sein.

Schräge Fantasien

Neben den "Animated Documentaries", in denen oft ernste Anliegen behandelt werden, oder einem dezidiert dem "Fair Play" gewidmeten Programmblock werden unter dem Motto "Weird & Obsessive" auch die "freaks und geeks" gewürdigt, die schrägen Hervorbringungen, deren Ausbildung der Animationsfilm naturgemäß entgegenkommt. Denn was immer sich jemand an Wesenheit ausdenkt, das lässt sich in den unterschiedlichsten Formen, analog oder digital, als zweidimensionale Zeichnung oder dreidimensionale Figur auch zu künstlichem Leben erwecken.

Zu entdecken gibt es da mit Move Mountain zum Beispiel eine neue Arbeit der jungen US-Amerikanerin Kirsten Lepore, einer Spezialistin für pointierte Stop-Motion-Animationen. Move Mountain ist eine reizende Abenteuerminiatur mit Knetmassemädchen auf einer vermeintlich idyllischen Tropeninsel, wo nicht nur Zeckenbisse für Ungemach sorgen. Getanzt wird aber auch. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 12.3.2014)