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Bestimmte Tests auszusetzen ist keine Frage der Ideologie, sondern eine der Verantwortung, sagt Werner Faymann.

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Wien - Bundeskanzler Werner Faymann hat am Mittwoch Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (beide SPÖ) in ihrer Entscheidung für den Bildungsstopp-Test den Rücken gestärkt. Die Daten seien nicht sicher, und das zuzugeben und die Konsequenzen zu ziehen sei besser, als die Augen vor dem Problem zu verschließen, sagte er im Pressefoyer nach dem Ministerrat.

Frage der Verantwortung

Heinisch-Hosek habe in der Regierungssitzung ausführlich über die Schülerdaten-Causa berichtet und "gesagt, die Datensicherheit ist nicht vorhanden", so Faymann. "An einer Lösung wird gearbeitet, aber die gibt's zur Stunde nicht." Bestimmte Tests auszusetzen sei daher auch keine Frage der Ideologie, sondern eine der Verantwortung.

Mitterlehner: "Bedauerlich"

Bedauernd äußerte sich Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP), der es "schade" findet, "dass wir die Tests nicht fortführen und die Experten nicht in der Lage sind, das Problem zu lösen", wie er vor dem Ministerrat sagte. Das sei vor allem deshalb bedauerlich, weil somit die Vergleichbarkeit entfalle. Das gab auch Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) zu bedenken, meinte aber zugleich, es gelte hier "abzuwägen", und sie verstehe die "Entscheidung zugunsten der Datensicherheit".

Leitl: "Blamage und Kalkül"

Gegen die Aussetzung spricht sich die Wirtschaftskammer (WKÖ) aus. Es sei "eine Blamage, dass eine Datenlücke als Anlass herangezogen wird, um bei den PISA-Tests der OECD auszusteigen", so WKÖ-Präsident Christoph Leitl. Dahinter stehe "offensichtlich auch das Kalkül, die Kontrolle von Bildungsstandards abzuwürgen, da die PISA-Ergebnisse für Österreich - vornehm ausgedrückt - nicht sonderlich erfreulich waren", mutmaßt Leitl.

Bifie warnt vor Teststopp

Die Organe des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie) haben Heinisch-Hosek vor dem Teststopp gewarnt. Die Verschiebung der Bildungsstandard-Überprüfungen sehen die Bifie-Chefs "mit großen organisatorischen Herausforderungen und zusätzlichem finanziellem Ressourcenbedarf, aber auch strategischen Risiken verbunden". Unter anderem müssten sämtliche Erhebungsmaterialien neu gedruckt werden, was allein knapp eine Million Euro koste. Dazu kämen erneute Datenmeldungen durch die Schulleitungen und nun vermutlich vergebliche Ausgaben für Testleiter-Trainer, Testleiter, Auswerter und Assessoren.

Keine Daten für Bildungsbericht

Durch die Absage der heurigen Standardtestungen werde außerdem der erste Testzyklus mit Mathematik, Englisch und Deutsch nicht abgeschlossen. "Damit gibt es keine zusammengefassten Daten für den kommenden nationalen Bildungsbericht 2015." Auch für die PISA- und TIMSS-Feldstudien seien bereits Sachmittel von rund 300.000 Euro angefallen, argumentieren die Direktoren. 

Auch die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Bifie bedauern den Stopp. Sie betonen, nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen worden zu sein, aus ihrer Sicht hätten "andere Optionen bestanden".

Grüne: "Unprofessionell und kontraproduktiv"

Die Grünen kritisierten Heinisch-Hoseks Vorgehen als "unprofessionell und kontraproduktiv". Mit dem vorläufigen Ausstieg aus PISA "ist gewährleistet, dass bis zu den nächsten Wahlen keine schlechten Ergebnisse mehr die biedermeierliche Selbstzufriedenheit in Österreich stören", so Bildungssprecher Harald Walser. Sein Team-Stronach-Pendant Robert Lugar forderte die Ministerin auf, die Datensicherheit sicherzustellen und die Tests durchführen zu lassen. "Wenn sie aber dieser ihrer Aufgabe nicht nachkommen will, dann soll sie gehen und Experten Platz machen." 

Strolz ortet "Ablenkungsmanöver"

Kritik am Teststopp kam auch von Neos-Chef und -Bildungssprecher Matthias Strolz: Die Suche nach einem Datenleck dürfe nicht als Vorwand genommen werden, um beispielsweise kritische PISA-Ergebnisse zu verhindern. "Das ist ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver", so Strolz. Für ihn ist die Devise Heinisch-Hoseks: "Wir wollen in unserem bildungspolitischen Stillstand nicht gestört werden." (APA, 12.3.2014)