Coverfoto: Clio

Graz - In der Reichspogromnacht 1938 wurde der letzte Grazer Rabbiner David Herzog (1869 -1946) gedemütigt, misshandelt und letztlich mit seiner Familie von Grazer Nationalsozialisten aus der Stadt vertrieben. In seinen Memoiren hält er die Ereignisse von 1938 fest. Das erschütternde Zeitdokument wurde vom Grazer Verlag Clio nun wieder aufgelegt.

Vertrieben ins Exil

In der Nacht zum 10. November 1938 erlebte der damals 69-jährige Grazer Rabbiner David Herzog die bis dahin wohl grauenhaftesten Minuten seines Lebens: Man holt ihn aus seiner Wohnung an der Mur. Er wird an den Fluss geführt und mit dem Ertränken bedroht. Schließlich wird er - wie rund 500 andere Juden - verhaftet, auf Lastwägen getrieben und nach Dachau gebracht. Nach der 14-tägigen Inhaftierung emigrierte er im Dezember 1938 mit seiner Familie über Wien, die Niederlande und Dover nach London und verbrachte seinen Lebensabend schließlich in Oxford, wo er 1946 starb.

Unmittelbar nach seiner Vertreibung begann Herzog, der seit 1908 in Graz als Rabbiner tätig war, mit der Aufzeichnung seiner Lebenserinnerungen. Das ermöglicht dem Leser heute einen persönlich gezeichneten Blick auf die Jahre der Radikalisierung des politischen Klimas in der steirischen Landeshauptstadt vor dem "Anschluss". Und auf den Terror, der dem Rabbiner, Religionslehrer, Universitätsprofessor und Ehrenbürger der Stadt sowie vielen anderen Grazer Jüdinnen und Juden entgegenschlug.

Die Aufzeichnungen wurden erst in den 1980er-Jahren publik, als sich der damalige Grazer Geschichtestudent und aktuelle Pressesprecher der Uni Graz, Andreas Schweiger, auf Spurensuche zum Verbleib der Familie des Grazer Rabbiners begab. Der in Chicago lebende Sohn David Herzogs hat ihm die Aufzeichnungen des Vaters überlassen, woraus eine Diplomarbeit und darauf folgend ein Buch ("David Herzog. Erinnerungen eines Rabbiners 1932 - 1940") in der Reihe der universitätseigenen Archiv-Publikationen entstand. In zwei Auflagen erschienen, war das Werk dennoch seit Jahren vergriffen.

Neuedition mit kleinen Änderungen

Während der Vorgängerband eine wortgetreue Edition der Memoiren Herzogs den Vorrang gaben, rückt die vorliegende Edition zugunsten der besseren Lesbarkeit vorsichtig davon ab: Sprachliche Unebenheiten wurden begradigt, weiters wurde ein editorischer Anhang erstellt, in dem alle im Text genannten Personen kurz vorgestellt werden. Der 250-seitige Band endet mit einer kurzen Biografie Herzogs. (APA, derStandard.at, 12.3.2014)