Kuala Lumpur - Der letzte Funkspruch aus dem Cockpit des vermissten Flugzeugs lautete angeblich "In Ordnung, gute Nacht". Das erklärte der malaysische Botschafter in Peking bei einem Treffen mit chinesischen Angehörigen der Passagiere am Mittwoch, wie die Zeitung "Straits Times" aus Singapur berichtete.
Zugeordnet wurde das Zitat dem Piloten der Maschine, der die Worte beim Übergang vom malaysischen in den vietnamesischen Luftraum gesprochen haben soll. Malaysias Botschafter Iskandar Sarudin hatte in einem Hotel der chinesischen Hauptstadt mit Verwandten und Freunden der Flugzeuginsassen gesprochen, von denen knapp zwei Drittel Chinesen waren. Zu der Frage, ob das malaysische Militär den verschollenen Flug auf dem Radar verfolgt habe und welche Informationen an die Zivilbehörden weitergegeben worden seien, wollte sich der Diplomat nicht äußern. Einige Familienangehörige kritisierten erneut die chinesische Regierung, deren Verhalten einige als zu passiv empfinden.
Unidentifiziertes Flugzeug
Auf dem Radar des malaysischen Militärs ist 45 Minuten nach dem Verschwinden von Flug MH370 hunderte Kilometer weiter westlich ein unidentifiziertes Flugzeug zu sehen gewesen. Das sagte der Chef der malaysischen Luftwaffe, Rodzali Daud, am Mittwoch in Kuala Lumpur. Ob es sich dabei um die Malaysia-Airlines-Maschine mit 239 Menschen an Bord handelte, sei noch unklar, die Information müsse weiter verifiziert werden.
Entsprechend der Radaraufzeichnung habe sich das Flugzeug zu dem Zeitpunkt 370 Kilometer nordwestlich der Insel Penang über dem Andamanischen Meer befunden, so Daud. Sollte es von Flug MH370 stammen, wäre dieser mehrere hundert Kilometer von seinem eigentlichen Kurs abgewichen.
"Betretenheit und Wut"
Am Dienstag hatten Medien berichtet, dass ein Signal aus der Straße von Malakka empfangen worden sei, die südlich des Andamanischen Meers liegt. Das wurde später dementiert.
Die Stimmung unter den Malaysiern schlage derzeit von Geduld in "Betretenheit und Wut" um - über Unstimmigkeiten bei Angaben über Passagiere und Gepäck sowie "verheimlichte Informationen zur letzten bekannten Position" des Flugzeugs, kommentierte das führende Nachrichtenportal "Malaysian Insider" am Mittwoch.
Unterdessen äußerte ein australischer Medienbericht, dass der Co-Pilot des vermissten Fliegers im Jahr 2011 gegen Sicherheitsregeln verstoßen haben soll. Malaysian Airlines äußerte sich am Dienstag "schockiert" zu dem Bericht, dass Fariq Abdul Hamid damals zwei junge Südafrikanerinnen während eines Flugs ins Cockpit gelassen haben soll. Besuche von Passagieren im Cockpit sind seit den Anschlägen vom 11. September 2001 verboten.
Unterschiedliche Angaben
Das Rätsel um das verschwundene Flugzeug rückt Malaysias Polizeichef, den Armeechef und den Airlinechef jetzt jeden Tag ins Blitzlichtgewitter der Weltpresse. Das Ablesen vom Blatt, das Geflüster untereinander vor der Beantwortung von Fragen - souverän wirken die Ermittler nicht gerade. Der Druck ist hoch. Mit jedem Tag ohne Durchbruch wächst die Kritik.
"Das plötzliche Verschwinden des Flugzeugs ist mysteriös, aber noch verwirrender ist, wie die Regierung die ganze Sache anpackt", meint der Journalist Terrence Netto, der für das regierungskritische Portal "Malaysiakini" schreibt. Auch das Portal "The Malaysian Insider" ist kritisch: "Die Stimmung unter Malaysiern schwenkt nun von Geduld zu Ärger über die unterschiedlichen Angaben zu Passagieren, Gepäck und letzter bekannter Position des Flugzeugs um", heißt es dort in einem Kommentar.
Am Sonntag hieß es, fünf Passagiere hätten zwar eingecheckt, seien aber nicht zum Abflugsteig gekommen. Detailliert beschrieb der Chef der Behörde für Zivilluftfahrt, Azharuddin Abdul Rahman, dass ihr Gepäck vor dem Abflug wieder ausgeladen worden sei und niemand daran etwas Verdächtiges entdeckt habe. Zwei Tage später sagte Polizeichef Khalid Abu Bakar: "Jeder, der eingecheckt war, ist auch geflogen. Niemand checkte ein und stieg dann nicht ein."
Wachsende Kritik
Die beiden Iraner, die mit gestohlenen Pässen an Bord waren, seien schon mit falschen Dokumenten nach Malaysia gereist, sagte die Leiterin der Einwanderungsbehörde, Aloyah Mama, erst. Dann die Korrektur: Sie kamen mit ihren iranischen Pässen völlig legal ins Land. Die letzte Radarposition wurde nicht zwei, sondern weniger als eine Stunde nach dem Start registriert.
Bei wachsender Kritik vor allem in den Ländern, die Landsleute an Bord der Maschine hatten, fragt der frühere Verkehrsminister On Tee Keat laut, warum die Regierung keinen Krisenstab über die Ministeriengrenzen hinweg einsetze. "Krisenmanagement muss klar strukturiert und koordiniert werden", sagt er. "Die Menschen in aller Welt müssen sich sicher sein, dass wir kompetent und fähig sind, eine solche Krise zu meistern - andernfalls hat das Ganze in Zukunft schwere Konsequenzen für unsere Zusammenarbeit mit anderen Ländern."
Die Regierungspartei, die seit der Unabhängigkeit 1957 ununterbrochen regiert, sei Transparenz im eigenen Land nicht gerade gewohnt, sagt eine ausländische Journalistin, die seit Jahren aus Kuala Lumpur berichtet. "Die Beamten sind es nicht gewohnt, im Rampenlicht zu stehen und jede ihrer Äußerungen zerpflückt zu sehen."
Netto meint, hinter den Pannen stecke System: "Sie schaffen bewusst ein Durcheinander, um etwas zu verbergen", meint er. "Zum Beispiel lenken sie damit die Aufmerksamkeit davon ab, dass es am Flughafen offenbar allzu laxe Kontrollen gibt."
Die Suche nach der Wahrheit im Dschungel sich widersprechender Angaben halte die Presse auch davon ab zu fragen, warum die beiden malaysischen Scorpene-U-Boote nicht an der Suche beteiligt sind. Um ihren Kauf in der Zeit, als Ministerpräsident Najib Razak Verteidigungsminister war, ranken sich hartnäckig Gerüchte um Unsummen an Bestechungsgeldern. (APA, 12.3.2014)