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Nur nicht abheben: Im Gegensatz zu manchem Mitbewerber ist die Ethiopian auf Europas Flughäfen wohlgelitten.

Foto: EPA/Nilsson

Afrika ist die Wachstumshoffnung der Luftfrachtbranche: Auf dem Kontinent werde es bis 2022 ein jährliches Wachstum von vier Prozent geben, prognostizierte die International Air Transport Association (IATA) in einem Bericht im Dezember 2013 - das weltweit mit Abstand stärkste Wachstum.

Eine Fluglinie könnte davon ganz besonders profitieren: Ethiopian Airlines. Sie ist so etwas wie der Superstar unter Afrikas Carriern. Fünfmal in Folge wurde sie zu Afrikas Airline of the Year gewählt, ihr Chef Tewolde Gebremariam war bereits African Business Leader und African CEO of the Year.

Während zahlreiche ihrer Mitbewerber Landeverbot auf europäischen Flughäfen haben, gilt die Ethopian als eine der sichersten ihrer Art. Sie ist seit Jahrzehnten profitabel, vergangenes Jahr flog sie mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz ein, bis 2025 soll er auf über zehn Milliarden steigen. Das alles, obwohl sie zu 100 Prozent einem nicht gerade demokratischen Staat gehört.

"Die Ethiopian hat es geschafft, sehr solide zu wirtschaften, in einer Gegend, in der Fluglinien normalerweise äußerst schlecht geführt werden oder als Instrument der Regierungspolitik dienen", sagt Simon Elsegood vom Capa Centre for Aviation, einem führenden Analysten für die Luftfahrt.

Ausbildung statt Braindrain "Sie haben einen klaren Langzeitplan und sehr gute Ausbildung für ihre Leute. Sie konnten vom Reiseboom in Afrika seit den späten 1990er-Jahren profitieren, und die Regierung hat das Management seit den 1980ern großteils in Ruhe gelassen."

Die Airline fliegt mittlerweile in 79 Länder, in den kommenden Jahren sollen weitere dazukommen, heuer etwa Österreich. Seit 2011 ist sie Mitglied der Star Alliance, als dritte afrikanische Fluggesellschaft nach der Egypt Air und South African Airways. Ihre Flotte ist im Durchschnitt jünger als zehn Jahre und besteht ausschließlich aus westlichen Maschinen. Und sie betreibt ein großes Ausbildungszentrum für Piloten und Techniker in Addis Abeba, um dem Braindrain in Richtung der Golfstaaten entgegenzuwirken. Unter dem leiden viele afrikanische Fluglinien.

Extrem regulierter Markt Afrikanische Fluglinien haben es generell schwer im internationalen Geschäft: Sie erwirtschaften ihre Umsätze oft in instabilen Währungen, während sie ihre Rechnungen, etwa für Benzin, in Dollar zahlen müssen; aufgrund von hohen Steuern ist Benzin in Afrika um durchschnittlich 21 Prozent teurer als im Rest der Welt. Dazu kommt, dass der afrikanische Luftfahrtmarkt extrem reguliert ist - das vielleicht größte Problem.

Viele afrikanische Staaten erlauben Fluglinien anderer afrikanischer Länder wegen Konflikten nicht, bei ihnen zu landen - eine Situation, die internationale Airlines ausnutzen können. 80 Prozent aller interkontinentalen Flüge von und nach Afrika werden von nichtafrikanischen Fluglinien durchgeführt. Die Ethiopian besteht bisher allerdings auch in diesem Markt: Als erste afrikanische Airline will sie bald eine Route von Südamerika nach Asien etablieren, konkret von Rio de Janeiro über Addis Abeba nach Guangzhou.

"Der Luftfrachtmarkt ist generell gewachsen in Afrika", sagt Analyst Elsegood. "Wenn Länder sich entwickeln, importieren und exportieren sie mehr teure Güter, die tendenziell mit Flugzeugen transportiert werden." Die Ethiopian habe ihr Frachtpotenzial besonders stark ausgebaut. "Sie hat eigene Maschinen angeschafft, die ausschließlich für die Fracht gedacht sind, und so ihre Kapazität seit 2007 fast verdreifacht." Das Wachstum soll weitergehen: Tewolde Gebremariam kündigte vergangenes Jahr an, auch den Cargo-Bereich der Fluglinie stark ausbauen zu wollen. Derzeit verfüge die Ethiopian über eine Kapazität von 250.000 Tonnen jährlich, mit dem Bau des neuen Flughafens von Addis Abeba bis 2025 soll dies auf 1,2 Millionen Tonnen steigen.

Ob die Expansion gelingt, hängt auch davon ab, wie erfolgreich der größte Konkurrent der Fluglinie, Kenya Airways, in den kommenden Jahren ist. Und davon, ob die Ethiopian ihre China-Verbindungen ausbauen kann - und ob sich die Airlines aus den Golfstaaten weiter auf dem Kontinent ausbreiten können. In deren Heimat ist Kerosin, anders als in Afrika, nämlich ziemlich billig. (Tobias Müller, DER STANDARD, 12.3.2014)