Ein paar Anläufe hat es am Mittwoch schon gebraucht. Doch dann, im fünften Durchgang, wurde bei der Frühjahrsversammlung der deutschen Bischöfe jener Geistliche zum neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz gewählt, der zuvor schon als einer der Favoriten gegolten hatte: der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx.
Offiziell um die Nachfolge von Robert Zollitsch, der aus Altersgründen aufhört, hat sich Marx natürlich nicht beworben. Die Kür funktioniert ähnlich wie bei der Papstwahl: Die Bischöfe müssen einen aus ihrer Mitte finden.
Doch Marx hatte schon vor der Wahl durchblicken lassen, dass er bereit sei, den insgesamt 66 deutschen Bischöfen künftig vorzustehen. Sein ohnehin schon prallgefüllter Terminkalender wird dadurch deutlich voller. Der 60-Jährige ist ein Tausendsassa im katholischen Betrieb.
Seit 2012 leitet er die Kommission der EU-Bischofskonferenzen. Papst Franziskus machte ihn zudem nach seiner eigenen Wahl zu einem von acht Kardinälen, die an der Reform der Kurie arbeiten. Erst vor wenigen Tagen kam noch ein Amt dazu: Der Vatikan betraute Marx mit der Koordinierung des neuen Wirtschaftsrates in Rom.
Barocker als der Papst
Marx gilt als Vertrauter des Papstes. Wie dieser befasst er sich viel mit Verteilungsgerechtigkeit. Das Kapital hat er ein Buch - in Anspielung an das gleichnamige Werk seines Namenskollegen Karl Marx - genannt. Darin warnt er vor zügellosen Märkten und fordert Ökonomie, die für den Menschen da ist, nicht umgekehrt.
Allerdings pflegt Marx einen barockeren Lebensstil als Franziskus, er residiert in München in einem feudalen Palais, ist Speis und Trank sichtlich zugetan.
Die Laieninitiative Wir sind Kirche fordert von Marx die Fortsetzung der von seinem Vorgänger Zollitsch begonnenen Gespräche. Sie sieht "Herausforderungen, die nur im ehrlichen Dialog nach innen und außen bewältigt werden können".
Die katholische Kirche in Deutschland hat 24,3 Millionen Mitglieder. Vor allem die Missbrauchsskandale in den vergangenen Jahren haben zu einer schweren Vertrauenskrise geführt.
Marx, der als konservativ, aber nicht als Hardliner gilt, hat sich auf die Seite der Aufklärer gestellt. Versöhnliche Töne sind vom ihm auch in der Frage, ob wiederverheiratete Geschiedene weiterhin von der Kommunion ausgeschlossen werden sollen, zu hören. "Wir können diese Menschen nicht wie Christen zweiter Klasse behandeln", sagt Marx.
Von seinem Vorgänger "erbt" er auch das Problem Limburg. Der nach wie vor amtierende, aber beurlaubte Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst nahm zwar nicht am Frühjahrstreffen der Bischöfe teil, doch wie es mit ihm weitergeht, ist unklar. Noch studiert der Papst den Bericht über die Kosten des Limburger Bischofssitzes, die sich explosionsartig vermehrt haben. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 13.3.2014)