Tripolis - Das Amt des Ministerpräsidenten war für Ali Zeidan eine Ehre und eine Last zugleich, denn er übernahm einen Staat ohne Institutionen. Jetzt ist Zeidan nach der Absetzung durchs Parlament den Job los und lebt wieder im Exil. Sein Widersacher, Parlamentschef Nuri Abu Sahmein, bläst zum Sturm auf die Separatisten.

Ehemalige Revolutionsbrigaden, die heute formell der Armee unterstehen, vertrieben bewaffnete Anhänger einer Separatistenbewegung aus der Küstenstadt Sirte. Die libysche Nachrichtenagentur Lana meldete, die Truppen wollten die Kämpfer der "Autonomieregierung" in den kommenden Tagen aus allen Häfen zur Verladung von Öl im Osten vertreiben, die sie unter ihre Kontrolle gebracht hatten.

Ehemalige Wachmannschaften

Die Separatistenbewegung verfolgt nach Einschätzung unabhängiger Beobachter keine politischen Ziele, sondern ist vor allem daran interessiert, sich zu bereichern. Die Kämpfer, die den Anführer der Separatisten, Ibrahim Jadran, unterstützen, gehörten einst Wachmannschaften an, die mit dem Schutz der Ölanlagen beauftragt worden waren.

Unterdessen hat sich Zeidan nach seiner Entmachtung durch das Parlament nach Europa abgesetzt. Das wurde am Mittwoch aus dem Umfeld des Ex-Ministerpräsidenten bekannt. Für Berichte, wonach er nach Deutschland gereist sei, gab es bis zum Mittwoch am frühen Abend keine offizielle Bestätigung.

Zeidan hatte vor dem Aufstand gegen den Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi 2011 mehr als 30 Jahre als Oppositioneller im Exil gelebt - unter anderem in Deutschland und der Schweiz. Gegen ihn war am Dienstag, direkt nachdem ihn das Parlament per Misstrauensvotum abgesetzt hatte, ein Haftbefehl erlassen worden. Laut Medienberichten werden ihm Korruption und Misswirtschaft in Zusammenhang mit illegalen Ölverkäufen der Separatisten vorgeworfen. Am Dienstag hatte ein Öltanker aus Nordkorea den libyschen Hafen Al-Sidra verlassen, wo er Öl aus den von den Separatisten besetzten Anlagen geladen hatte.

"Ganz normaler Reisender"

Zeidan gelang es am Dienstagabend trotz des Haftbefehls, von Tripolis abzufliegen. Zeidan landete laut Medienberichten kurz in Malta, bevor er in ein anderes europäisches Land weiterflog. Erst hieß es, er sei in die Schweiz gereist. Der Nachrichtensender Al-Arabiya meldete später, Zeidan sei in Düsseldorf gelandet. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es in Düsseldorf jedoch nicht. Ein Sprecher der deutschen Bundespolizei sagte auf Anfrage: "Wir haben keine Hinweise darauf, dass er eingereist ist. Wenn, dann als ganz normaler Reisender."

In Tripolis kamen unterdessen der Verdacht auf, bei der Abstimmung über das Misstrauensvotum gegen Zeidan sei getrickst worden. Mehrere weibliche Abgeordnete sagten dem TV-Sender "Al-Hurra", einige Parlamentarier seien erst nach der Abstimmung im Sitzungssaal aufgetaucht. Außerdem habe sich der Vorsitzende plötzlich für eine geheime Abstimmung entschieden, was so nicht vorgesehen gewesen wäre. Die Nachrichtenwebsite "Al-Wasat" berichtete, etliche Politiker hätten Zeidan aufgefordert, das Abstimmungsergebnis anzufechten. Dieser habe davon aber nichts wissen wollen.

Zeidans wichtigster Gegenspieler war in den vergangenen Monaten Parlamentspräsident Abu Sahmein gewesen, der gute Beziehungen zu islamistischen Parteien unterhält. Wer neuer Regierungschef wird, ist noch unklar. Die Amtsgeschäfte wird in den kommenden zwei Wochen Verteidigungsminister Abdullah al-Thani (al-Thenni/al-Thinni) führen.

Das Parlament hat Parlamentswahlen für Juli angekündigt. Verschoben wurde die Entscheidung, ob der künftige Präsident vom Parlament oder direkt vom Volk gewählt werden soll. Nach Einschätzung der Zeitung "Libya Herald" wollen die Muslimbrüder eine Direktwahl verhindern, weil ein Kandidat aus ihren Reihen dann keine Chancen hätte. (APA, 12.3.2014)