Istanbul - Nach den neuerlichen schweren Straßenschlachten in der Türkei hat der Vater eines bei den Unruhen des vergangenen Jahres getöteten Buben schwere Vorwürfe gegen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erhoben. Erdogan habe die Einsatzbefehle an die Polizei gegeben, sagte Sami Elvan am Mittwochabend im Nachrichtensender CNN-Türk.
Zwei Tote bei Straßenschlacht nach Begräbnis
Er warf Erdogan vor, der Ministerpräsident habe zwar die Toten der Unruhen in Ägypten beklagt, schweige aber zum Tod seines Sohnes. Elvans Sohn Berkin war im vergangenen Juni von einer Tränengaskartusche der Polizei am Kopf getroffen worden und ins Koma gefallen. Der 15-jährige starb am Dienstag nach neun Monaten im Koma, sein Tod löste schwere Proteste aus. Nach Berkins Beisetzung am Mittwoch lieferten sich Teilnehmer des Trauerzugs und die Polizei stundenlange Straßenschlachten. Auch in anderen türkischen Städten gab es Unruhen. Im osttürkischen Tunceli starb ein Polizist nach einem Einsatz an einem Herzinfarkt. In Istanbul wurde ein junger Mann bei einer Schlägerei unter Demonstranten getötet.
Sami Elvan kritisierte, die Behörden verschleppten die Suche nach dem Polizisten, der den Tod seines Sohnes verschuldet habe. Auch neun Monate nach der Verletzung von Berkin sei nicht klar, wer auf den Jugendlichen geschossen habe: "Es ist, als habe jemand aus dem Weltall auf Berkin geschossen." Wenn Erdogan wolle, könne er innerhalb von einer Stunde den Schuldigen ausfindig machen.
Der Ministerpräsident hat sich bisher nicht zum Tod Berkins geäußert. Im vergangenen Jahr hatte Erdogan das harte Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten als "Heldenepos" gelobt. (APA, 13.3.2014)