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Am internationalen Frauentag am 8. März wurde in Bagdad gegen das Jafaari-Gesetz demonstriert.

Foto: REUTERS/Thaier al-Sudani

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Dieses sieht unter anderem vor, dass bereits neunjährige Mädchen verheiratet werden dürfen.

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Einige Dutzend Frauen gingen am vergangenen Samstag in Bagdad auf die Straße. Der Zeitpunkt war nicht zufällig gewählt, schließlich wurde am 8. März der internationale Frauentag begangen. Und so protestierte diese Menge in der irakischen Hauptstadt gegen einen Gesetzesentwurf, der die Frauenrechte erheblich einschränken würde. Neunjährige Mädchen sollen verheiratet werden dürfen, Väter im Falle einer Scheidung automatisch das Sorgerecht für die Kinder erhalten und Ehemänner immer Recht auf Geschlechtsverkehr haben - auch ohne Zustimmung der Ehefrau. "An diesem Frauentag trauern die irakischen Frauen", skandierten die Demonstrantinnen.

In Sachen Frauenrechte gelten die irakischen Gesetze eigentlich als die fortschrittlichsten im Nahen Osten - Stichwort Eherecht, Stichwort Erbschaftsrecht, Stichwort Sorgerecht. Das will die Regierung von Premier Nuri al-Maliki nun aber ändern. Seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 sind schrittweise schiitische Islamisten an die Macht gekommen, die das irakische Gesetzeswerk sukzessive nach ihren religiösen Idealen umformen wollen.

Der sechste schiitische Imam als Vorbild

Der aktuelle Gesetzesentwurf wird auch Jaafari-Gesetz genannt, weil er sich auf die Rechtsschule von Ja'far al-Sadiq bezieht, den sechsten schiitischen Imam. Demnach kommen Mädchen bereits im Alter von neun Jahren in die Pubertät und würden somit als heiratsfähig gelten, sofern die Eltern einverstanden sind. Noch liegt die Altersgrenze bei 18 Jahren, in "dringenden" Fällen kann ein Gericht 15-jährigen Mädchen die Heirat erlauben.

Im Falle einer Scheidung würden die Männer bei allen Kindern, die zwei Jahre oder älter sind, das Sorgerecht erhalten. Weitere Details: Muslimischen Männern wäre es nicht erlaubt, nichtmuslimische Frauen zu heiraten. Außerdem dürften Ehefrauen das Haus nur mit Erlaubnis der Ehemänner verlassen.

"Verbrechen an der Menschlichkeit"

Wenig überraschend rief der Gesetzesentwurf Kritik hervor. "Das Gesetz ist ein Verbrechen an der Menschlichkeit, das Mädchen das Recht nehmen würde, eine normale Kindheit zu haben", sagte Hanaa Eduar, eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen im Irak. 

"Teile des Jaafari-Gesetzes wären ein desaströser und diskriminierender Schritt rückwärts für die irakischen Mädchen und Frauen", meinte dazu Joe Stork von Human Rights Watch. Auch Nickolay Mladenov, UN-Sonderbeauftragter für den Irak, kritisierte auf Twitter das Jaafari-Gesetz:

#Iraq Gov adoption of Jaafari Personal Status Bill risks constitutionally protected rights for #women and international commitments @UNiraq

— Nickolay E. MLADENOV (@nmladenov) 8. März 2014

Bereits 2003 - unter US-Kontrolle - gab es erste Versuche islamistischer Parteien, ein ähnliches Gesetz durchzusetzen. Das führte zu Protesten der säkularen Kräfte im Land, die das Vorhaben verhinderten. Seither kommt es im Irak regelmäßig zum Machtkampf zwischen Islamisten und Säkularen um Gesetzesänderungen. Nun präsentierte Justizminister Hassan al-Shammari von der schiitischen, islamistisch geprägten Fadhila-Partei am 27. Oktober 2013 den neuen Gesetzesentwurf im Ministerrat. Im Dezember wurde verkündet, eine Entscheidung darüber zu verschieben, zumindest bis nach der Parlamentswahl am 30. April.

Entgegen dieser Ankündigung segnete die Regierung das Jaafari-Gesetz aber schon am 25. Februar ab. Nun fehlt ihm noch die Zustimmung des Parlaments, um Gültigkeit zu erlangen. Dort sind islamistische und säkulare Kräfte in etwa gleich stark. Abgesehen davon ist mit Widerstand von Menschenrechtsaktivisten und Richtern ebenso zu rechnen wie von sunnitischen und schiitischen Religionsführern, die das Jaafari-Gesetz als Verletzung der Scharia betrachten. (ksh/Reuters, derStandard.at, 13.3.2014)