Das junge Kollektiv New Forms of Life gastiert beim derzeit im Wiener Brut stattfindenden Imagetanz-Festival mit Signs of Life" - "Lebenszeichen".

Foto: Jörg Baumann

Wien - Mit einem Trainingskurs zum Übergang in eine andere Welt hat das Imagetanz-Festival sein Publikum also in weitere Zusammenhänge seines Mottos "Fürsorge" geführt. Und das junge Kollektiv New Forms of Life aus Wien und Frankfurt am Main bringt sich mit seiner Science-Fiction-Performance Signs of Life in die Teufelsküche posthumaner Zukunftsvisionen.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer werden am Beginn zu vier "Teststationen" geführt, an denen drei Männer und eine Frau arbeiten. Sie lesen Texte, in denen sich eine zwielichtige Welt im Graubereich zwischen Science-Fiction und der gegenwärtigen Wirklichkeit eröffnet. Sie bauen mit Bildern ein halluzinatorisches Assoziationspanorama.

Und sie zaubern auf einem Stadtplan des kaiserlichen Wien eine Netzwerkvision, in der schräge Agenten, seltsame Freunde und eine dubiose Blackbox zu Spielfiguren einer rätselhaften Geschichte werden. So gebrieft, werden die Besucher dieser coolen Inszenierung eingeladen, sich vor eine Projektionsleinwand zu setzen. Die Performer platzieren sich hinter Laptops und verschwinden unter schwarzen Tüchern. Auf der Leinwand folgt dann eine von reichlich Textmaterial angetriebene Bilderflut: eine Collage aus Fotos und Videosequenzen, in der "Newromancer" William Gibson offenbar ebenso seine Spuren hinterlassen hat wie die späte, bereits ins Esoterische gekippte Science-Fiction-Größe Philipp K. Dick.

Die Figuren der vier Performer - Billy Bultheel, Enad Menouf, Franziska Aigner und Samuel Forsythe - wirken, als wären sie dem Casting-Katalog für einen neuen, traurigen Hollywood-Zukunftsfilm entsprungen. Ihre Körper entsprechen dem effektvollen Design des Bühnenraums, das durch sein unaufgeregtes Understatement besticht. Da ist kein Ding zu viel. Und das Halbdunkel im Theater bleibt bis zum Schluss ganz ausgewogen.

Utopie war gestern

Die Kooperative New Forms of Life signalisiert: Die große, hoffnungsvolle Utopie war gestern. Diese "Signs of Life" kommen aus einem drastisch gesunkenen Vertrauen in die Zukunft. Sie zeigen eine wolkige Dystopie, in die wir als - Zitat - "NoBodys" schon morgen eintreten könnten.

Dafür zitieren sie in beinahe dekadentem Perfektionismus mediale Auswüchse eines heute real existierenden und für diese Gelegenheit mystisch überhöhten Visulisierungswahns herbei: Neuronale und soziale Netze erscheinen auf der Projektionsleinwand als Abstraktionen, die ins jenseitig Schöne versetzt sind.

Diese betäubenden Bilder sind von Worten begleitet, in denen ein Trip durch ein dunkles Elysium beschrieben wird, der in einer Wiederkehr zum Hier und Jetzt endet.

Brüche im Ablauf, Risse in der Struktur und Verwerfungen der Oberflächen, aus denen dieses Stück besteht, gibt es nicht. So ist Signs of Life wohl ganz bewusst angelegt. Und genau das ist am Ende aber auch ein Problem.

Denn der Trip in die Zwischenwelt bleibt zu glatt, zu wohlgestaltet, um in den Zuschauern mehr zu erzeugen als eine leichte Benommenheit. Daher blieb wohl der Applaus zum Schluss eher verhalten. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 14.3.2014)