Bild nicht mehr verfügbar.

Matteo Renzi, wie immer wort- und gestenreich.

Foto: Reuters/Casilli

Mit einer geradezu furiosen Powerpoint-Präsentation stellte Italiens Premier Matteo Renzi am Mittwochabend in Rom ein Milliardenprogramm zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze vor: Empfänger von Niedriglöhnen unter 1500 Euro sollen durch Steuersenkungen im Gesamtumfang von zehn Milliarden Euro entlastet werden. Pro Jahr sollen sie 1000 Euro mehr erhalten.

Eine Senkung der Unternehmenssteuer um zehn Prozent soll durch höhere Besteuerung von Anlagerenditen finanziert werden. Die Staatsschulden bei Unternehmen sollen schnell beglichen werden. "Bis Juli werden wir 68 Milliarden zurückzahlen", versprach Renzi - ohne zu verraten, woher die entsprechenden Mittel kommen sollen. Für die Sanierung renovierungsbedürftiger Schulen stellt die Regierung 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung.

Der Premier kündigte "100 Tage harten Kampf für eine Reform der Verwaltung, der Steuern und der Justiz" an. Zunächst sollen 1500 Dienstwagen versteigert werden. Eine Liberalisierung des Arbeitsmarkts soll neue Jobs schaffen.

Die Opposition kritisierte die Pläne als "Luftschloss". Renzi habe die übliche Show abgezogen, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Auch etliche Medien übten Kritik: "Wir haben zwar die Titel gelesen, doch der Inhalt bleibt unbekannt", bemängelte der Corriere. Die Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore bescheinigte dem Premier zwar einen neuen Stil, die finanzielle Absicherung der Maßnahmen sei aber unklar. Die Europäische Zentralbank kritisierte Italien am Donnerstag wegen mangelnder Bemühungen, das Defizit von drei auf den von der EU empfohlenen Wert von 2,6 Prozent zu senken.

Ein unbestrittener Erfolg gelang Renzi am Mittwoch mit der Verabschiedung eines neuen Wahlrechts: Der Streit darüber dauerte drei Jahre lang. Frauenquoten für die Kandidatenlisten wurden aber ebenso mit knapper Mehrheit abgelehnt wie die Einführung von Vorzugsstimmen.

Die Befürworter wollen nun im Senat einen neuen Anlauf nehmen. Dort steht Renzi wegen der knappen Mehrheit vor einer schwierigeren Aufgabe. Das neue Wahlrecht ist nicht auf die Interessen der Bürger zugeschnitten, sondern auf jene der Parteien. Wer 37 Prozent der Stimmen erreicht, erobert die Mehrheit der Sitze; andernfalls gibt es eine Stichwahl. Für Einzelparteien gilt eine Sperrklausel von acht Prozent, verbündete Parteien müssen je 4,5 Prozent erreichen und Koalitionen zwölf Prozent. Jeder Kandidat kann maximal in acht Wahlkreisen antreten.

Für autonome Regionen wie Südtirol und Aosta gilt ein eigenes Wahlrecht. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, 14.3.2014)