Die Kündigung wegen Eigenbedarfs einer Wohnung wird im Paragraf 30 des Mietrechtsgesetzes (MRG) geregelt. Grundsätzlich müsse man dabei zwischen Abs. 8 und Abs. 9 unterscheiden, erklärt Immobilien-Sachverständiger Alfred H. Fritz: Den Eigenbedarf ohne (Abs. 8) und mit Ersatzbeistellung (Abs. 9).

Zwei gleichwertige Wohnungen

"Mit Ersatzbeistellung" bedeutet: Dem Mieter müssen zwei gleichwertige (auch nach der Miethöhe betrachtet) Wohnungen angeboten werden. "Das ist in der Regel relativ schwer", sagt Fritz. "Aber wenn man es schafft, dann geht die Klage umso leichter durch."

Der weitere Ablauf: Der Mieter wählt eine der beiden Wohnungen, kann außerdem fallweise auch eine Abstandszahlung vereinbaren. "Insgesamt ist so ein Fall relativ unproblematisch."

Im anderen Fall, der Eigenbedarfskündigung ohne Ersatzbeistellung - laut dem Experten "der Regelfall" -, ist es wesentlich komplizierter: "Die Gerichte sind dabei sehr streng, weil der Gesetzeswortlaut alles eindeutig festlegt: Es muss dringender Eigenbedarf des Vermieters an Wohnraum bestehen, und dieser Eigenbedarf darf nicht selbst verschuldet sein. Eine Interessenabwägung muss zugunsten des Vermieters ausfallen, das heißt, die Nachteile des Vermieters aus der Nichtkündigung des Mietvertrags müssen schwerer wiegen als jene des Mieters aus der Kündigung."

Alles muss zutreffen

Und dann ist da noch eine Sperrfrist von zehn Jahren. Konkret lautet der Gesetzestext: zehn Jahre bei Kauf "unter Lebenden". Bei einer Erbschaft gelten die zehn Jahre in Summe, sagt Fritz; "die Gesamtfrist muss zehn Jahre betragen".

Es genüge vor Gericht definitiv nicht, dass einer oder mehrere dieser Punkte zutreffen, so der Experte. "Es müssen wirklich alle Punkte zutreffen, sonst hat man keine Chance."

Beweispflichtig ist jedenfalls immer der kündigungswillige Vermieter. "Er muss also etwa, wenn er selbst in einer Mietwohnung wohnt und gerne in seine Eigentumswohnung ziehen würde, eine Räumungsklage seines Vermieters nachweisen."

Es gibt allerdings auch so etwas wie einen Regelfall, bei dem eine Kündigung wegen Eigenbedarfs mittlerweile vor Gericht oft durchgehe, berichtet Fritz. "Der häufigste Fall für eine positiv erledigte Eigenbedarfskündigung ist, wenn ein Verwandter in gerader Linie pflegebedürftig ist und der Vermieter seine Wohnung braucht, um der Pflege nachzukommen." Wenn also beispielsweise jemand eine Wohnung in jenem Haus vermietet hat, in dem auch seine Eltern wohnen und er die Wohnung nun selbst benötigt, um in die Nähe der pflegebedürftigen Eltern ziehen zu können, sei es relativ einfach, den unbefristeten Mietvertrag aufzukündigen.

"Aber die Gerichte machen es sich generell nicht leicht", betont Fritz. "Wenn nur der geringste Zweifel besteht, geht die Klage nicht durch."

Sperrfrist gelockert

Immerhin wurde eine zehnjährige Sperrfrist ab Kauf einer Wohnung vom OGH schon merklich gelockert. Wenn der Vermieter gleichzeitig auch Errichter des Hauses ist, oder wenn der Mietvertrag erst nach Erwerb des Hauses oder der Wohnung abgeschlossen wurde, ist der Ablauf der zehnjährigen Frist nicht mehr notwendig.

Außerdem dann, wenn eine seit langem bestehende Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde und der Vermieter vom Miteigentümer des Hauses zum Wohnungseigentümer wurde, mit dem Nutzungsrecht an derselben Wohnung, die er vor Begründung des Wohnungseigentums als Miteigentümer zu nutzen berechtigt war. Auch in diesem - wohl sehr speziellen - Fall kann eine Kündigung auch vor Ablauf der zehnjährigen Sperrfrist erfolgen, "wenn ein den Eigenbedarf begründendes wichtiges Interesse des Vermieters oder einer verwandten Person vorliegt". (Martin Putschögl, DER STANDARD, 15.3.2014)