Uli Hoeneß hat am Tag nach seiner Verurteilung (dreieinhalb Jahre wegen Steuerhinterziehung) noch einmal für eine handfeste Überraschung gesorgt. Entgegen den Ankündigungen seines Anwalts Hanns W. Feigen verzichtet er auf Revision beim Bundesgerichtshof und nimmt das Urteil des Landgerichts München an.
"Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung. Steuerhinterziehung war der Fehler meines Lebens. Den Konsequenzen dieses Fehlers stelle ich mich", teilte der 62-Jährige in einer schriftlichen Erklärung mit.
Außerdem legte Hoeneß seine Ämter beim FC Bayern München nieder. Er war bis zuletzt Präsident des FC Bayern München e. V. und Aufsichtsratsvorsitzer der FC Bayern München AG. Er wolle mit diesem Schritt Schaden vom FCB abwenden, erklärt er. Denn: "Der FC Bayern München ist mein Lebenswerk, und er wird es immer bleiben."
Finanziell und sportlich steht der FC Bayern mit einem Jahresumsatz von mehr als 430 Millionen Euro und einem Umlaufvermögen von 135 Millionen so gut wie noch nie in der 114-jährigen Vereinsgeschichte da. Den Vorsitz im Aufsichtsrat übernimmt Adidas-Chef Herbert Hainer.
Wer Hoeneß als Vereinspräsident nachfolgen wird, ist noch unklar, darüber muss in den nächsten vier Wochen in einer außerplanmäßigen Sitzung entschieden werden. Am Freitagabend schlug der Verwaltungsrat des FC Bayern Hoeneß' bisherigen Vize Karl Hopfner als neuen Präsidenten vor. Die Mitglieder des Vereins stimmen bei einer Mitgliederversammlung am 2. Mai 2014 über den neuen Präsidenten ab.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich nach Bekanntwerden der Steuerhinterziehung von Hoeneß abgewandt hatte, erklärte, sie habe "hohen Respekt" für Hoeneß' Verzicht auf Revision. Ihr Vize, Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel, nimmt das Urteil gegen Hoeneß zum Anlass, um den Druck auf Schweizer Banken zu erhöhen. Diese müssten gezwungen werden, nun "alles offenzulegen".
Kein sofortiger Haftantritt
Auch wenn Hoeneß kein Rechtsmittel mehr einlegt, muss er seine Haftstrafe nicht sofort antreten. Zunächst bleibt abzuwarten, ob die Staatsanwaltschaft in Revision geht. Diese hat für ihre Entscheidung bis Donnerstag Zeit.
Verzichtet auch sie darauf, dann bekommt Hoeneß eine Aufforderung zum Haftantritt. Er muss in die JVA Landsberg/Lech. Das "bayerische Alcatraz" ist ein geschichtsträchtiger Ort. 1923 verbüßte Adolf Hitler dort nach dem gescheiterten Putsch seine Haft und schrieb "Mein Kampf". Auf einen Promibonus kann Hoeneß nicht hoffen. Ihn erwartet im besten Fall eine acht bis zehn Quadratmeter große Einzelzelle, Toilette inklusive. Die Gemeinschaftsduschen sind auf dem Gang. Nach sechs Monaten könnte Hoeneß Freigänger werden und auch wieder beim FCB arbeiten. Bei guter Führung könnte er nur zwei Drittel der Haft verbüßen.
Hoeneß darf zwar einen eigenen Fernseher in seine Zelle mitbringen, Pay-TV für Fußballspiele ist allerdings nicht erlaubt. Arbeiten wird er auch müssen, wie Anton Bachl, der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten in Deutschland, erklärt: "Jeder Häftling in Bayern ist zur Arbeit verpflichtet. Dabei wird die Eignung des Gefangenen beachtet. Herr Hoeneß ist ja Wurstfabrikant. Er kann also in der Küche oder beim Anstaltsmetzger arbeiten, wenn die Justizvollzugsanstalt dies anbietet." (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 15.3.2014)