Wien – Manchmal hat es kreative Folgen, wenn einem Musiker der Geduldsfaden reißt: "Der Jazz langweilt mich. Ich habe das Gefühl, der Jazz braucht einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten." So machte im April 2012 Robert Glasper im Downbeat-Interview seiner Unzufriedenheit Luft – und begründete seinen konzeptionellen Richtungswechsel, der bei näherem Hinsehen keiner war.

Denn der 35-jährige Pianist aus Houston, Texas, der sich 2005 mit seinem Trio-Album Canvas, seinem Debüt für Blue Note, der breiten Öffentlichkeit als eloquenter Tastenpoet im breiten Strom des Post-Bop vorgestellt hatte, arbeitete schon damals auch etwa mit Rapper Q-Tip zusammen und war Bandleader der Tourband von Mos Def.

Das Album Double-Booked ließ 2009 jene andere, hippe Seite erstmals auch in Glaspers eigenen Projekten hörbar werden. Und seit Veröffentlichung von Black Radio (2012), das gleich mit einem Grammy als bestes R&B-Album ausgezeichnet wurde, steht Glasper als Musiker im medialen Rampenlicht, der den Kontakt zur Gegenwart sucht, indem er seinen Jazz-Background mit HipHop, Soul, R&B und Spoken Word kurzschließt.

Die Idee ist so neu nicht, doch gelingt hier der Brückenschlag auf organische, mühelose Weise. Zudem versichert sich Glasper der Mitwirkung ganzer Heerscharen von teils prominenten Gast-VokalistInnen. Beim poppiger geratenen, verstärkt Song-orientierten Nachfolgers "Black Radio 2" von 2013 umfasst diese Liste u. a. Jill Scott, Snoop Dogg und Norah Jones.

Wenn Robert Glasper das "Black Radio"-Projekt ohne prominente Sänger und Rapper, dafür mit seinem bestens eingespielten Quartett auf die Bühne bringt, dann wird er möglicherweise wieder den Jazzer im Black Music-Universalisten hervor kehren. (Andreas Felber, DER STANDARD, 15./16.3.2014)