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Witali Tschurkin sagt "Njet".

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In den vergangenen Tagen ließ die Ukraine ihre Armee in Übungen den Ernstfall testen - am Samstag sei es zu militärischem Aufeinandertreffen gekommen, berichtet das ukrainische Verteidigungsministerium.

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Währenddessen demonstrierten in Moskau erstmals Bürger gegen eine Intervention.

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Kiew/Charkiw (Charkow) - Russland hat im UN-Sicherheitsrat mit seinem Veto eine von den USA vorgelegte Resolution zur Krim-Krise blockiert. In dem Papier sollte das für Sonntag geplante Referendum der Krim-Bevölkerung über einen Anschluss an die Russische Föderation für ungültig erklärt werden. Das russische Veto war erwartet worden.

Moskaus Botschafter Witali Tschurkin stimmte am Samstag bei einer Sondersitzung des mächtigsten UN-Gremiums wie erwartet gegen den von den USA vorgelegten Entwurf und blockierte ihn so trotz der Stimmen von 13 der 15 Staaten. China enthielt sich.

In dem Papier sollten alle Staaten aufgerufen werden, das für diesen Sonntag vorgesehene Unabhängigkeitsreferendum der ukrainischen Halbinsel Krim nicht anzuerkennen. In dem Entwurf wurde Russland nicht ausdrücklich genannt. Er betonte aber die Unabhängigkeit und territoriale Unantastbarkeit der Ukraine. Eine Sanktionsdrohung war im Entwurf nicht enthalten. Es sollten "alle Handlungen unterlassen werden, die als Anerkennung interpretiert werden könnten". Deutschland gehörte zu den etwa 40 Unterzeichnern des Entwurfs.

Timoschenko: "Stärkstes Instrument anwenden"

Die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko hat den Westen zu einer härteren Gangart gegenüber Russlands Präsident Wladimir Putin aufgefordert. "Dieses aggressive Machtstreben gegenüber der Ukraine birgt nicht nur eine Gefahr gegenüber dem ukrainischen Staat, auch andere Teile Osteuropas sind gefährdet", so Timoschenko gegenüber dem "Tagesspiegel am Sonntag".

"Sollte Putin nach der Annexion der Krim seinen Angriff auf unser Land fortsetzen, rufe ich die Führer der demokratischen Welt dazu auf, das stärkste Instrument anzuwenden, um diesen Angreifer zu stoppen", sagte Timoschenko weiter.

Proteste in Donezk

In der Großstadt Donezk im Osten der Ukraine haben am Samstag mehr als 5.000 Demonstranten die Angliederung an Russland gefordert. Die Demonstranten versammelten sich auf dem Lenin-Platz und skandierten "Referendum! Referendum!" Jugendliche kletterten auf das Gebäude des Inlandsgeheimdienstes SBU, holten die ukrainische Flagge ein und hissten eine russische mit der Aufschrift "Republik Donezk".

Die Demonstranten verlangten die Freilassung des selbsternannten "Volksgouverneurs" Pawel Gubarew, der von den ukrainischen Sicherheitskräften am 6. März festgenommen worden war. Einige Teilnehmer der Kundgebung schlugen Scheiben ein. Der Wortführer Robert Donja, der sich als Stellvertreter Gubarews bezeichnete, beruhigte die Demonstranten mit der Ankündigung, er habe die Freilassung Gubarews für Sonntag ausgehandelt.

Kiew meldet russischen Vorstoß

Das ukrainische Militär hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kiew einen Vorstoß russischer Truppen abgewehrt, in ein an die Krim angrenzendes Gebiet einzudringen. Russische Fallschirmjäger hätten in einen Landstreifen in der Region Cherson vorrücken wollen, teilte das Ministerium am Samstag in Kiew mit. Einheiten des ukrainischen Militärs hätten die russischen Kräfte daran gehindert.

Das Gebiet ist ein lang gezogener Landstreifen, der parallel zur Ostküste der ukrainischen Halbinsel Krim liegt. Die Lage auf der Krim ist momentan sehr angespannt. Das russische Militär, das dort seine Schwarzmeerflotte stationiert hat, hat faktisch die Kontrolle übernommen. Auf der überwiegend von Russen bewohnten Krim ist für Sonntag ein Referendum über einen Anschluss an die Russische Föderation geplant. Die Volksabstimmung ist höchst umstritten, die Regierung in Kiew und der Westen halten sie für illegal. Sanktionen gegen Russland stehen im Raum.

Zwei Tote

"Es besteht jetzt die reale Gefahr einer (russischen) Invasion", erklärte der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow vor dem Vorstoß am Samstag im Parlament in Kiew. Neue Zusammenstöße zwischen prorussischen Kräften und radikalen Nationalisten im Osten des Landes seien das Werk von "Agenten des Kremls" und gezielte "Provokationen". Nach Angaben der Polizei waren in der Nacht zum Samstag ein prorussischer Aktivist und ein Passant bei Krawallen in der Stadt Charkow getötet und sechs weitere Menschen verletzt worden.

Einreiseverbote und Kontensperrungen angedroht

Das russische Außenministerium forderte die ukrainische Übergangsführung daraufhin auf, "neofaschistische" Gruppierungen zu verbieten und alle zur Rechenschaft zu ziehen, die zum "Fremdenhass" aufriefen. Nach dem Machtwechsel in Kiew hatte Russland seine Einmischung in den Konflikt zwischen prorussischen und proeuropäischen Kräften in der Ukraine mit "Verantwortung für das Leben seiner Landsleute" begründet. In Moskau demonstrierten am Samstag erstmals rund 50.000 Menschen gegen die Intervention im Nachbarland.

Unmittelbar vor dem Referendum am Sonntag standen nach "FAZ"-Informationen 8.000 bis 10.000 ukrainische Soldaten auf der Krim einer Übermacht von mindestens 20.000 russischen Soldaten gegenüber. NATO-Sicherheitskreise hätten dies bestätigt und erklärt, dass 60 ukrainische Kriegsschiffe in den abgeriegelten Krim-Häfen festgesetzt worden seien. Die Halbinsel und ihre strategisch bedeutsamen Marine-Stützpunkte werden faktisch von Moskau kontrolliert.

Die mehrheitlich russischsprachige Bevölkerung der autonomen ukrainischen Teilrepublik soll in dem Referendum über eine mögliche Angliederung an Russland entscheiden. Der Westen wirft der Regierung in Moskau vor, mit einem völkerrechtswidrigen Volksentscheid die Spaltung der Ukraine und eine Annexion der Krim voranzutreiben. Die EU hat zusätzliche Einreiseverbote und Kontensperrungen angedroht, sollte das Referendum stattfinden. Auch die USA planen neue Sanktionen.

Verfassungsrechtsexperten haben Bedenken

US-Außenminister John Kerry versuchte seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow bei einem sechsstündigen Krisengespräch am Freitag zwar zu einem Aufschub des Volksentscheids zu bewegen. Lawrow entgegnete US-Diplomaten zufolge aber kühl, seine Regierung beharre auf dem Termin und werde vorher "überhaupt keine Entscheidungen zur Ukraine treffen". Allerdings habe sie auch "keine Invasion im Südosten der Ukraine" vor.

Ein Gutachten von Verfassungsrechtsexperten des Europarats kommt zu dem Schluss, dass das geplante Referendum ungesetzlich ist, weil weder die Verfassung der Ukraine noch jene der Krim eine Volksabstimmung über eine Abspaltung zulassen. In dem der APA vorliegenden Gutachten kommt die "Venedig-Kommission" zu dem Schluss, es sei außerdem es "mehr als fraglich, dass die derzeitigen Verhältnisse auf der Krim die Abhaltung eines Referendums unter Einhaltung europäischer demokratischer Standards zulässt."  (APA, 15.3.2014)