In letzter Zeit werden AMS-Kurse gerne kritisiert, kann man ja auch verstehen, schließlich liebt jeder die Freiheit und hasst den Zwang. Doch sind wir nicht alle ein bisschen dazu gezwungen, etwas für unser Geld zu tun? Arbeitslose Menschen sind gezwungen, Qualifizierungskurse zu besuchen, arbeitende Menschen sind gezwungen ihre Arbeit zu verrichten. Beide haben die Freiheit, sich dagegen zu entscheiden, und beide müssen die Verantwortung für die Konsequenzen tragen, was in beiden Fällen bedeutet: kein Geld.
Die Hexenjagd
Die Frage nach der Rechtmäßigkeit dieses Systems ist eine andere. Doch wenn man die Frage nach der Abschaffung des Zwangs stellt, muss man gleichzeitig über so etwas wie ein bedingungsloses Grundeinkommen sprechen. Doch darum geht es nicht in dieser Diskussion. Es geht darum, ob einem durchschnittlichen Arbeitslosen mit einem AMS-Kurs geholfen ist oder nicht.
Die Sinnhaftigkeit muss von Fall zu Fall bewertet werden. Wenn jemand mit fundierten Vorkenntnissen in einen AMS-Standardkurs gesteckt wird, ist das natürlich sinnfrei, doch sollte man sich fragen: Wer hat diese Absurdität veranlasst? Aus meiner Erfahrung als Trainer kann ich sagen: Viele Kursteilnehmer erkennen den Nutzen eines Kurses erst am Ende. So können auch aus den größten Kritikern die treusten Fans werden. Dies hängt wiederum von der Qualität des Kursleiters ab. Auch die Mitarbeiter des AMS können sich nicht aus der Verantwortung nehmen, denn sie bestimmen, wer welchen Kurs besucht.
Frau Draxl (Geschäftsführerin des Wiener AMS, Anm. d. Red.) sitzt hier am längeren Ast, verständlich, dass sie den Fehler nicht zuerst innerhalb ihrer Institution sucht.
Realität vs. Wunschdenken
Welche Erfolge bisher erzielt worden sind und ob Aktivierungskurse tatsächlich sinnlos sind, ist nicht Teil der Debatte. Bevor man noch gepflegt darüber diskutieren kann, werden diese Kurse diskussionslos abgedreht. Vergessen sind die Tausenden von der Gesellschaft Zurückgelassenen (sic!), denen diese Veranstaltungen mehr genützt haben, als andere zugeben wollen. Ihre Stimme ist viel zu unbedeutend, um sich gegen die weinerlichen Klagen der Akademiker und Dauerkursbesucher durchzusetzen. Wer meint, jeder Einzelne könne für sich selbst feststellen, womit er gut beraten ist, der irrt! Nicht jeder kann das tatsächlich, sonst hätten wir keine Langzeitarbeitslosen. Es ist nicht ihre Faulheit, es ist ihre Verwahrlosung durch die Gemeinschaft, die ihnen im Wege steht. Es ist schön und edel, jedem Menschen die gleichen Potenziale und Fähigkeiten zu attestieren, jedoch fernab der Realität. Diese Kurse zu streichen bedeutet für viele die Vernichtung einer Chance auf einen Job. Mit der Einstellung "Das brauchen wir nicht, das weiß doch eh jeder" vergisst man leicht darauf, dass es noch andere gibt, die es sehr wohl brauchen. Lassen wir sie nicht schon wieder zurück! (David Gröne, Leserkommentar, derStandard.at, 17.3.2014)