Wien - Jorinde Ebert, die neue Asiatika-Schätzmeisterin des Dorotheums, beauftragte zwei Spezialisten für japanische Blockdrucke mit einem Gutachten über den Holzschnitt Ein Spiegel der Schönen in der Stadt von Chokosai Eisho (tätig 1780-1800). Er soll am 13. Oktober mit einem Schätzwert von 2000 bis 3600 Euro zur Versteigerung gelangen.

Zu diesem Schritt sah sich Ebert gezwungen, nachdem der Museumsdirektor Rudolf Leopold und der Wiener Asiatika-Spezialist Kurt Binder den Wert des Loses bezweifelten hatten. Sie glauben, dass es sich bei dem Blatt, wie DER STANDARD am 14. August berichtete, nicht um einen Originalholzschnitt aus 1795 handelt, sondern um "eine spätere, künstlerisch minderwertige Edition". Der Wert betrage daher laut Binder lediglich 100 bis 200 Euro.

Zu dem gleichen Ergebnis gelangte auch Johannes Wieninger, Kurator der Ostasiensammlung des MAK, nach einer Begutachtung des Holzschnittes im Dorotheum. Weder das Papier noch die Farbe (der Kimono ist grünlich statt violett) würden aus dem 18. Jahrhundert stammen. "Diese Grafik ist aus dem 20. Jahrhundert, davon bin ich überzeugt. Und sie ist sicher nicht mehr als 100 Euro wert."

Jorinde Ebert wendet ein, dass Wieninger kein Spezialist für Blockdrucke sei. Zudem hätte sich Kurt Binder - wie auch sie selbst - um den Job des Asiatika-Schätzmeisters beworben, sei aber nicht zum Zug gekommen. Binder hingegen beteuert, zwar eine Zusammenarbeit mit dem Dorotheum angestrebt zu haben, aber er hätte nicht Schätzmeister werden wollen, denn dieser war er bereits in den 90er-Jahren einmal: "Ich habe damals freiwillig aufgehört." (DER STANDARD, Printausgabe, 19.8.2003)