Das Wort "Steuer" ist generell übel beleumundet. Insofern war die Wortwahl von Sozialforscher Bernd Marin nicht gerade glücklich, als er eine "Pensionistensteuer" forderte. In der Sache hat Marin aber Recht, weil er den Finger auf eine Stelle legt, an der sich gleich mehrere Ungerechtigkeiten im Pensionssystem sammeln: Ungerechtigkeiten innerhalb der jetzigen Pensionistengeneration und Ungerechtigkeiten zwischen den Generationen, die finanziell und gesellschaftspolitisch hochbrisant sind.

Marins Vorschlag hat nichts mit ungebührlicher Überstrapazierung der Pensionisten oder einer Enteignung der älteren Generation zu tun. Er greift nicht ein in wohlerworbene Rechte. Er greift nur lange Jahre unhinterfragte, gesetzlich zwar zugestandene, aber eben sozial ungerechte Vorrechte an.

Niemand denkt daran, Mindestpensionisten etwas wegzunehmen. Aber jeder - ausgenommen die, die jetzt zu viel aus dem solidarisch gefüllten Pensionstopf herausnehmen im Verhältnis zu dem, was sie eingezahlt haben - wird einsehen, dass sehr hohe Pensionen noch immer hoch sind, wenn ihnen ein bisschen weggenommen wird. Marin will ohnehin nur jenen Teil der Pension besteuern, der über die eingezahlten Pensionsbeiträge hinaus konsumiert wird. Konsumiert mit welchem Recht? Nur weil es die Versicherungsmathematik so will? Diesen Luxus werden wir uns nicht mehr leisten können.

Wir brauchen einen neuen Generationenvertrag, denn die Vertragsbedingungen haben sich grundlegend geändert. Vor allem, weil die Menschen weniger Kinder bekommen. Nicht so sehr aus egoistischen, denn aus realistischen Gründen: Lebens-und Arbeitsumstände sind nicht kinder- und elternfreundlich. Hier aber entscheidet sich die Pensionsfrage. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.8.2003)