Wien - Große Empörung hat es schon im Frühjahr ausgelöst, als die Regierung Wolfgang Schüssel II den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) vom Bundeskanzleramt ins Innenministerium "übersiedelte". Jetzt machen mehrere UBAS-Mitglieder Ernst: Sie wehren sich mit Beschwerden beim heimischen Verfassungsgerichtshof (VfGH).

Mindestens neun, nach einer anderen Quelle zwölf solcher Beschwerden gibt es, sie richten sich gegen einen Bescheid des Bundeskanzleramtes, mit dem den UBAS-Mitgliedern der neue Dienstherr mitgeteilt wurde. Hauptargument der Beschwerdeführer: Die Unabhängigkeit des UBAS, festgeschrieben in einem eigenen Artikel der österreichischen Verfassung, werde durch die formale Unterstellung unter Innenminister Ernst Strasser infrage gestellt.

Zwar ist der UBAS, zweite Instanz in Asylangelegenheiten, in allen inhaltlichen Fragen unabhängig, wie ja schon sein Name sagt, aber die dienstrechtliche Aufsicht über seine Mitglieder sowie die Bereitstellung von Sachressourcen hat jeweils ein Minister inne - seit 1. Mai eben Strasser, in dessen Ressort aber gleichzeitig just jene Asylbescheide produziert werden, über die der UBAS zu entscheiden hat.

Keine gute Optik

Keine gute Optik, das fanden schon im März nicht nur UBAS-Chef Harald Perl (derzeit auf Urlaub), sondern auch UNHCR und zahlreiche NGOs. "Wenn das von uns kontrollierte Ministerium mit uns Gehaltsverhandlungen führt und uns die EDV bereitstellt", so Perl damals zum STANDARD, "ist das, als ob der Verkehrspolizist von dem Autofahrer, den er anhält, erst die Wink-Kelle bewilligt bekommen muss."

Keine gute Optik, das ist laut den nunmehr anhängigen Beschwerden auch ein verfassungsrechtliches Argument: Schon der Anschein der Abhängigkeit vom kontrollierten Ressort genüge, um die Verfassung zu verletzen. Der VfGH bestätigte, dass die Beschwerden eingegangen sind. Derzeit laufe das Vorverfahren. Mit einer Entscheidung durch den Gerichtshof sei vielleicht schon im September, spätestens aber im Dezember zu rechnen.

 

Unterstützung von den Grünen

Unterstützung angekündigte Klage gibt es von den Grünen. Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits äußerte am Mittwoch in einer Aussendung die Hoffnung, "dass der VfGH diesem kühnen Versuch der kalten Aushebelung der Rechtsstaatlichkeit eine Absage erteilen wird".

Ihrer Ansicht nach "häufen sich insgesamt die krassen politischen Fehlentscheidungen" von Innenminister Ernst Strasser (V). "Mit seiner Beauftragung von European Homecare mit der Führung des Flüchtlingslagers Traiskirchen, mit der Vorlage einer voll Verfassungswidrigkeiten strotzenden Asylgesetznovelle sowie der Ohnmacht bei den jüngsten Polizeiübergriffen zeigt Strasser sein wahres Gesicht", kritisiert Stoisits. Es sei zu hoffen, "dass das willkürliche und verantwortungslose Amtsverständnis" von Strasser in der Flüchtlingspolitik ein Ende finde.

Auch SPÖ denkt an VfGH-Klage

Die Verlegung des Unabhängigen Bundesasylsenats könnte noch eine zweite Klage beim Verfassungsgerichtshof nach sich ziehen. Die SPÖ bereite etwas in diese Richtung vor, meinte Integrationssprecher Jan Kai Krainer am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Details nannte er noch keine. Heftige Kritik übte Krainer auch an den Zuständen im Flüchtlingslager Traiskirchen.

Zur Forderung des Traiskirchner SP-Bürgermeisters Fritz Knotzer nach Schließung des Lagers wollte sich Krainer nicht äußern. Für Freitag sei hier noch ein Gespräch mit Knotzer anberaumt. Feststehe für ihn allerdings, dass es sich beim Lager Traiskirchen um eine "baufällige Ruine" handle. Diese macht er mitverantwortlich für die Massenschlägerei am vorvergangenen Samstag, bei der ein 24-jähriger Tschetschene ums Leben gekommen ist. "Wenn ich Menschen wie Tiere halte, darf ich mich nicht wundern, wenn sie sich wie Tiere verhalten", sagte Krainer.(Robert Schlesinger/DER STANDARD, Printausgabe, 20.8.2003/APA)