Rein äußerlich, vom Objektstatus aus betrachtet, könnte Johanna M. lediglich als "in der Lebensmitte" befindlich, nicht mehr "tau- oder knusprigfrisch" bezeichnet werden. Besonders in Zeiten der Huldigung heiliger ewiger Jugend bleibt diese Anschauung auf das Äußere beschränkt. Vorzugsweise das "schöne Geschlecht" betreffend, versteht sich. Johanna M. ist vierzig. Da kann eine Frau ja wirklich "noch gut" ausschauen, vor allem wenn sie "auf sich schaut", wie uns die diversen Frauenzeitschriften tagtäglich vorführen. Jugendlich, schlank, beinahe faltenlos, überaus gepflegt und gestylt. Ach, Sie wissen sowieso, was ich meine! Und Johanna M. ist dies ebenso bewusst. Aber es gibt so Tage, da häufen sich Ereignisse, die die sie nachdenklich stimmen. So wie letztens.
Ihr Tag begann mit einem Besuch beim Optiker. Sie wollte sich für die von der Augenärztin verschriebene Brille ein passendes Modell aussuchen. Der Optiker, ein etwa 55-jähriger Mann, fragte, ob das ihre erste Brille sei. Als sie bejahte, meinte er, auf das Rezept mit ihrem Geburtsdatum äugend: "Na ja, gnädige Frau, mit vierzig beginnt's". Auf dem anschließenden Weg zur U-Bahn blieben drei Burschen (höchstens 18-jährig) abrupt vor ihr stehen. Schon zum Pfeifen ansetzend, ihr Gesicht betrachtend und sofort stoppend, sagte einer der dreien: "Echt geiles Outfit für das Alter, muss ich schon sagen!".