Wien - Ich bin gekommen, um eine Weltsensation zu bestaunen. Ja, ganz richtig: Weltsensation. Oder wie würden Sie sonst eine Zukunftsmaschine bezeichnen?

Genau so eine stellte das Wiener Jugendkulturinstitut nämlich am letzten Dienstag vor. Eine Maschine, die man befragen kann und die laut Presseaussendung "Trendprognosen und Zukunftsszenarien als Antwort" ausspuckt. Klingt ziemlich verrückt.

Doch dann folgt der erste Dämpfer. Die Bezeichnung "Zukunftsmaschine" solle nicht allzu ernst genommen werden, revidiert der Marktforscher Michael Schäfberger: "Wir haben die Trendforschung schließlich nicht neu erfunden." Es handle sich vielmehr um eine Trenddatenbank, die mit sämtlichen Quellen gefüttert wird - von Zeitungsartikeln bis hin zu Youtube-Videos. Momentan umfasst die Zukunftsmaschine 404 Einträge, mindestens hundert weitere sollen pro Monat hinzukommen.

Zweimal jährlich werden die Prognosen der Zukunftsmaschine, von den Jugendforschern liebevoll "Tracts" genannt, künftig ein Magazin füllen. Das Thema der ersten Ausgabe lautet symptomatisch: "Digital vs. Antidigital".

Die These ist klar: Jede Bewegung erzeugt eine Gegenbewegung, das Zeitgeistpendel schlägt abwechselnd in beide Richtungen aus. Im Zeitalter der "totalitären Digitalisierung" würde eben auch die analoge Welt wieder aufblühen: Während das Musikgenre House zurzeit boomt, erlebt auch die Folkmusik ein Revival.

Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier vertritt dabei ziemlich kulturpessimistische Prognosen: Schon bald würden Menschen, die sich in ein Buch vertiefen können, als neurotisch bezeichnet werden, hyperaktive Personen hingegen die Norm bilden. Durch "Sexting" oder "Nude Selfies" würden die Jugendlichen ihr Schamgefühl verlieren, sich nackt im Internet zu zeigen.

Seine Kollegin Beate Großegger blickt da schon positiver in die Zukunft: Sie sieht die Entwicklung von Jugendlichen zu sogenannten "Defriendern". Diese würden die eigenen Facebook-Freunde auf ein Minimum reduzieren, um nicht so viel Spam in ihrem News- Feed vorzufinden. Typische "Defriender" seien keine paranoiden Nerds, sondern weltoffen und hochgebildet. Angeblich soll der Begriff unter Jugendlichen verbreitet sein - an mir ist der Trend vorbeigegangen.

Ob die Vermutungen der Jugendforscher tatsächlich eintreten, wird die Zukunft entscheiden. Oder auch die Zukunftsmaschine. (Philipp Koch (17), DER STANDARD-Printausgabe, 17.3.2014)