Laut "Foreign Policy" zählt sie zu den hundert einflussreichsten Denkern unserer Zeit: Beruflich ist Danah Boyd bei Microsoft tätig.

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Sie forscht für Microsoft, lehrt in Harvard und auf der New York University und ist laut dem Magazin "Foreign Policy" eine der hundert wichtigsten Denkerinnen unserer Zeit: Danah Boyd, ursrpünglich Danah Michele Matas. Anfang 2014 hat sie ein neues Buch veröffentlicht, das sich mit dem Sozialverhalten von Jugendlichen in Netzwerken wie Facebook oder Twitter befasst.

Keine Sorge

Ihre Hauptthese: Wir müssen uns keine Sorgen um die nächste Generation machen. "Es hieß auch einmal, Comics würden schädlich sein; dann war es der Rock 'n' Roll, dann MTV", so Boyd. Soziale Netzwerke wären genauso wenig schädlich, sie sind vielmehr ein "Vergrößerungsglas und Spiegel". Boyd erzählt gegenüber The Verge von einer jungen Teenagerin: Diese habe auf MySpace wiederholt über Missbrauch durch ihre Mutter berichtet. Schulfreunde hätten die Leitung der Schule darauf hingewiesen, doch da MySpace auf dem Schulnetzwerk gesperrt war, konnten diese angeblich nichts machen.

Abstand von Kultur der Angst

Nach jahrelanger Gewalt habe die Jugendliche sich dann gewehrt und ihre Mutter getötet – woraufhin, so Boyd, alle Medien über das "Mädchen mit MySpace-Account" berichtet hätten. Dabei hätte das soziale Netzwerk eigentlich dazu beitragen können, die Tragödie zu verhindern. Man sollte daher laut Boyd davon Abstand halten, eine "Kultur der Angst" vor neuen Technologien zu pflegen.

Fragmentierung normal

Kritisch zeigt sich Boyd auch gegenüber Facebook: Dessen Dominanz sei eine Anomalie, da Fragmentierung eigentlich "natürlicher" sei. So gehe es in der Online-Präsenz eigentlich darum, verschiedene Plätze für verschiedene Stimmungen aufzusuchen: einen Ort – etwa Facebook –, um mit Freunden zu kommunizieren, andere Orte – etwa Instagram oder Tumblr –, um kreativ zu sein oder seine Interessen auszuleben.

Anomalie

Facebook sei hier aber eine Ausnahme: Man ist mit seinem Klarnamen unterwegs und trifft mittlerweile auf sämtliche Bekannte – von den Großeltern über ehemalige Schulkollegen bis hin zum Vorgesetzten. Boyd nennt dies "multiple Kontexte" und vergleicht die Situation mit einer Hochzeit. Offline reagierten wir mit solchen Situationen, "indem wir Alkohol konsumieren", so Boyd, online bliebe uns nur ein Gefühl der Verlegenheit.

Multiple Identitäten natürlich

Deshalb sei es ganz natürlich, wenn Jugendliche unterschiedliche Identitäten auf verschiedenen Plattformen pflegten, so die Forscherin. Zusätzlich stört sie der Börsengang von Facebook, da das soziale Netzwerk nun dazu gezwungen werde, regelmäßig hohe Profite einzufahren: "Man sieht, dass Facebook unter Druck steht, Geld durch mehr Werbung einzunehmen." Das könnte zu aggressiveren Methoden und geringerem Datenschutz führen, so Boyd.

Ära der visuellen Kommunikation

Begeistert ist Boyd von Snapchat, da dessen Umgang mit Nachrichten und Bildern die Vergänglichkeit der alltäglichen Kommunikation widerspiegle. Überhaupt sieht sie eine Ära der Bildkommunikation auf uns zukommen: "Menschen wollen nicht (durch)suchbar sein, Text ermöglicht dies aber." Daher werde man – bis die Bildersuche entsprechend ausgereift sei – in Zukunft vermehrt den Einsatz visueller Kommunikation bemerken. Außerdem müssen wir anfangen, endlich ein neues Modell für den Schutz von Privatsphäre auszuhandeln, fordert Boyd. (fsc/red, derStandard.at, 17.3.2014)