Seit 2011 unterliegen Erwerbsvorgänge an österreichischen Unternehmen durch Angehörige von Drittstaaten, durch die es zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kommen könnte, der Kontrolle durch den Wirtschaftsminister. Trotzdem ist in Österreich die Meinung weit verbreitet, dass das Außenwirtschaftsgesetz dem Erwerb wesentlicher österreichischer Infrastrukturunternehmen durch nichteuropäische Käufer nicht entgegensteht. Im Gegenteil, durch einfache rechtliche Konstruktionen könne das Gesetz ausgehebelt werden. Der Gesetzgeber hat 2013 das Außenwirtschaftsgesetz nachgeschärft. Sind österreichische Unternehmen jetzt vor ausländischen Angreifern sicher?

Deutschland unterstellte bereits 2008 durch eine Novelle zum deutschen Außenwirtschaftsgesetz qualifizierte Erwerbe an deutschen Unternehmen durch nichteuropäische Investoren für den Fall der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Kontrolle durch die deutsche Bundesregierung. Österreich folgte 2011 durch eine Novelle zum Außenhandelsgesetz: Der Name des Gesetzes wurde auf Außenwirtschaftsgesetz (AußWG) geändert, und eine Kontrolle von Erwerbsvorgängen an österreichischen Unternehmen durch Angehörige von Drittstaaten, durch die es zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kommen könnte, wurde eingeführt. Ziel des neuen § 25a AußWG ist der Schutz der Sektoren der Daseinsvorsorge, in denen Kontrollen als erforderlich erachtet werden, sowie die innere und äußere Sicherheit Österreichs, insbesondere die Verteidigungsgüterindustrie und Sicherheitsdienste.

Das Außenwirtschaftsgesetz führt im Hinblick auf seine Investitionskontrolle zu weitreichenden Fragen seiner europarechtlichen Zulässigkeit. Seit dem Vertrag von Lissabon besteht nach dem Unionsvertrag (AEUV) eine ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union zur Regelung von Direktinvestitionen aus Drittstaaten. Die Novelle 2013 versucht diese Problematik durch eine Einschränkung der Genehmigungspflicht der Erwerbsvorgänge auf jene Fälle, in denen unions- oder völkerrechtliche Vorschriften einer Genehmigungspflicht nicht entgegenstehen, zu entschärfen. Relevante völkerrechtliche Vorschriften sind etwa das GATS Abkommen, die Freihandelsabkommen der EU mit Drittstaaten sowie die rechtlichen Verpflichtungen aufgrund der Mitgliedschaft Österreichs in der OECD. Griechenland wurde 2012 vom EuGH für ein Gesetz zum Schutz von Direktinvestitionen in Unternehmen, die nationale Infrastrukturnetze betreiben, verurteilt.

Daseinsvorsorge

Geschützt sind nach dem UGB buchführungspflichtige Unternehmen, die in Bereichen tätig sind, die die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinne Artikel 52 und 65 AEUV betreffen. Es sind das die Bereiche der inneren und äußeren Sicherheit (wie etwa der Verteidigungsgüterindustrie oder der Sicherheitsdienste) oder Bereiche der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich der Daseins- und Krisenvorsorge (wie etwa der Energieversorgung, der Wasserversorgung, der Telekommunikation, des Verkehrs und der Infrastruktureinrichtungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung und des Gesundheitswesens).

Der Anwendungsbereich der Legalausnahmen der Artikel 52 und 65 AEUV ist nach Auslegung des EuGH schmal und nur in tatsächlichen Krisenfällen gegeben. Dies wird nicht bei jedem Erwerbsfall gegeben sein. Aus diesem Grund kann daher in konkreten Fällen unter Umständen gar keine Genehmigungspflicht bestehen.

Der Kontrolle durch den Wirtschaftsminister unterliegen nur solche Erwerbe, durch die ein Unternehmen oder die Kontrolle über ein Unternehmen oder zumindest 25 Prozent der Stimmrechte einer Gesellschaft in geschützten Bereichen erworben wird. Es sind dadurch sowohl Asset-Deals als auch Share-Deals erfasst. Dem Erwerber werden im Falle eines Share-Deals auch Stimmrechte von unmittelbaren Mutter- oder Tochtergesellschaften sowie von Syndikatspartnern an geschützten Gesellschaften zugerechnet. Wenn eine der genannten Voraussetzungen bei mehreren Personen oder Gesellschaften, die bereits Anteile am zu erwerbenden Unternehmen halten, gegeben sind, sind all deren Stimmrechtsanteile hinzuzurechnen.

Eine ausdrückliche formelle Zurechnung über zwei Holdingebenen hinaus findet nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht statt. Es wird insbesondere nicht auf indirekte Beteiligungsverhältnisse Bezug genommen. So könnte etwa der Hinzurechnungstatbestand der Konzernverbundenheit durch drei- oder mehrstöckige Beteiligungsstrukturen formell umgangen werden. Auch Treuhandschaften, Stimmrechtsleihe, Sicherungsübertragungen, Fruchtgenussrechte oder Optionen sind nicht gesondert geregelt. Hier wären etwa im Übernahmegesetz geeignete Zurechnungstatbestände enthalten, die auch im AußWG eine Gesetzesumgehung erschweren könnten.

Die Genehmigungspflicht besteht, wenn mehrere Erwerber eines beherrschenden Einflusses über ein zu erwerbendes geschütztes Unternehmen gemeinsam vorgehen. Der beherrschende Einfluss ist der Erwerb von zumindest 25 Prozent der Stimmrechte des geschützten Unternehmens. Das gemeinsame Vorgehen wird durch eine Absprache der Erwerber über die Syndizierung ihrer Stimmrechte des geschützten Unternehmens oder dadurch begründet, dass ein solches Syndikat aufgelöst wird und ein Angehöriger eines Drittlandes mit zumindest 25 Prozent der Stimmrechte im geschützten Unternehmen verbleibt.

Minister kann handeln

Im Fall von Umgehungskonstruktionen ist der Wirtschaftsminister berechtigt, amtswegig ein Genehmigungsverfahren einzuleiten. Nach den Erläuterungen zur Novelle des AußWG können das etwa Fälle sein, in denen mehrstufige Beteiligungsstrukturen bestehen, die dem wirtschaftlichen Eigentümer die Möglichkeit geben, denselben Einfluss auf das zu erwerbende Unternehmen auszuüben wie im Fall eines Direkterwerbs. Dabei kann es sich sowohl um Erwerbe über ein zwischengeschaltetes Unternehmen mit Sitz in der EU als auch um Erwerbsvorgänge handeln, bei denen durch geeignete Konstruktionen die Anwendbarkeit der Zusammenrechnungsregeln ausgeschlossen werden sollen. Für die Beurteilung des Umgehungsverdachts ist der wahre wirtschaftliche Gehalt der Transaktion maßgeblich.

Der Erwerb wesentlicher österreichischer Infrastrukturunternehmen ist durch die Genehmigungspflichten seitens des Wirtschaftsministers effektiv geschützt. Eine Genehmigung wird allerdings nur in tatsächlichen und nicht in potenziellen Krisenfällen erforderlich sein. Zivilrechtliche Umgehungsmöglichkeiten bestehen in Anbetracht des äußerst weitreichenden Umgehungsvorbehalts kaum. Eine Genehmigungspflicht besteht jedoch nur insoweit, als ihr nicht europarechtliche oder völkerrechtliche Verpflichtungen der Republik Österreich entgegenstehen. (DER STANDARD, 20.3.2014)