Die Europäische Union verurteilt das Referendum über den Anschluss der ukrainischen Halbinsel Krim an Russland von Sonntag als "illegal" und völkerrechtswidrig, verzichtet aber vorläufig noch auf allzu umfangreiche Sanktionen gegen Russland bzw. Präsident Wladimir Putin.

Darauf haben sich die EU-Außenminister Montag bei einem Treffen in Brüssel geeinigt. Gemäß dem Dreistufenplan der Staats- und Regierungschefs wurde die zweite Stufe von Zwangsmaßnahmen in Gang gesetzt - Einreiseverbote und Kontosperren gegen Personen, die für die Eskalation auf der Krim verantwortlich gemacht werden. 21 Personen stehen auf der Liste - 18 sind politisch Verantwortliche, drei von ihnen Militärs. Dreizehn sind Russen, acht stammen von der Krim.

Ganz oben auf der Liste steht Krim-Premierminister Sergej Aksyonow, es folgen der Präsident des Obersten Rats, Wladimir Konstantinow, und Vizepremier Rustam Temirgaliew, der Bürgermeister von Sebastopol ebenso wie der Leiter des Sicherheitsdienstes (SBU). Auf russischer Seite richten sich die Maßnahmen gegen prominente Duma-Abgeordnete wie den Chef des Verfassungsausschusses, Andrej Klishas, oder den des GUS-Ausschusses, Leonid Slutski. Sergej Zheleznyak, Vizevorsitzender der Duma, ist betroffen, auch der Kommandeur der Schwarzmeerflotte und zwei weitere Befehlshaber.

Offene Gesprächskanäle

Präsident Putin und die russische Regierung sind nicht erfasst, entsprechend dem Ziel der EU-Außenminister, die alle Gesprächskanäle nach Moskau offenhalten wollen, wie der Deutsche Frank-Walter Steinmeier sagte, um in den kommenden Tagen eine Deeskalation zu erreichen.

Es sieht so aus, als habe sich die Union trotz Nichtanerkennung des Referendums mit der Krim-Abtrennung bereits abgefunden. "Es ist etwas passiert", sprach Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn aus, was die meisten seiner Kollegen nur indirekt andeuteten: Man rechne nicht mehr damit, dass der Anschluss an Russland wieder rückgängig gemacht werden kann. Umso mehr bemühen sich Europas Chefdiplomaten nun darum, wenigstens das übrige Staatsgebiet der Ukraine außer Streit zu stellen und "eine politische Lösung zu finden", wie Sebastian Kurz aus Österreich erklärte - was nicht bedeute, dass die EU die Krim aufgebe.

Entscheidende Tage

Die EU-Minister forderten den Kreml auf, eine breit aufgestellte Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu akzeptieren. Sie soll vor allem in der Ostukraine tätig sein, in allen größeren Städten, um die Ausbreitung von Gewaltakten in der Bevölkerung zu verhindern. Putin habe dem im Prinzip zugestimmt, hieß es in deutschen Kreisen. Er fordert eine Kontaktgruppe ohne die Übergangsregierung in Kiew, was die EU ablehnt. Die nächsten ein, zwei Tage dürften entscheidend sein. Donnerstag treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU zum Gipfel in Brüssel. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 18.3.2014)