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Milo Dukanovic nennt Journalisten "Medienmonster".

Foto: AP/Altaffer

Podgorica - Er kann nicht allein vor die Tür. Am 11. August 2013 detonierte Sprengstoff unter seinem Auto, vor seinem Haus. Wäre er ein paar Minuten früher dran gewesen, er wäre heute tot. 2007 überfielen ihn maskierte Männer. "Ich stehe 24 Stunden unter Polizeischutz", erzählt Tufik Softic dem STANDARD. Nie sei die Situation für Journalisten in Montenegro schlimmer gewesen als heute.

Softic ist seit zweieinhalb Jahrzehnten Journalist, schreibt für die Tageszeitung Vijesti und für die Wochenzeitung Monitor über Korruption und Kriminalität. In einem Land, das mit der EU über seinen Beitritt verhandelt. Dem europäischen Schlusslicht, wenn es um Medienfreiheit geht. Montenegro liegt laut Reporter ohne Grenzen auf Platz 114 von 180 Staaten, zwischen Katar und Tadschikistan. Sogar in Uganda können Journalisten laut dieser Rangliste besser und freier arbeiten als in dem südosteuropäischen Staat, der erst 2006 unabhängig wurde.

Daliborka Uljarevic, Direktorin des Zentrums für zivile Bildung, sieht einen direkten Zusammenhang zwischen Druck auf Medien und Zivilgesellschaft und der Rückkehr von Langzeitpremier und -präsident Milo Ðukanovic in die Politik. Sie spricht vom "allgemeinen Klima", das den Druck und die Gewalt eskalieren ließ "gegen all jene, die es wagen zu denken und anderes offen auszusprechen".

Todesdrohungen

Die "Welle der Gewalt" (Softic) gegen unabhängige Medien rollt weiter: Im Februar wurde wieder ein Auto eines Vijesti-Journalisten in die Luft gejagt wie mehrfach in den vergangenen Jahren. Im Jänner wurde die Korrespondentin Lidija Nikcevic der Zeitung Dan von einem Unbekannten mit einem Baseballschläger in Niksic niedergeschlagen. Unter dem Fenster von Mihailo Jovovic, dem Chefredakteur von Vijesti, wurde im Dezember 2013 eine Bombe platziert. Olivera Lakic, die auch für Vijesti arbeitet, wurde 2013 zusammengeschlagen. Sie schrieb über Zigarettenschmuggel. Todesdrohungen sind für Journalisten in Montenegro keine Seltenheit. Und nicht allein die Journalisten sind Ziel von Attacken, auch ihre Familien. Softic hat deshalb sogar erwogen, um Asyl anzusuchen.

"Medienmonster"

Die South East Europe Media Organisation Seemo kritisiert vor allem, dass Untersuchungen der Polizei bisher nicht zur Verhaftungen der Verantwortlichen geführt hätten. Die Attacken gegen kritische Journalisten sind nur ein Teil des repressiven Systems, zu dem auch ineffiziente Justiz gehört, die nicht unparteiisch agiert.

Die Zeitungen Vijesti, an deren Verlag die österreichische Styria Media Group 25,1 Prozent hält, und Monitor sind seit langem so etwas wie die Opposition in Montenegro. Sie haben kein normales, kritisches Verhältnis zur Regierung. Die Fronten haben sich verhärtet. Aber die politische Klasse hat auch kein normales Verhältnis zu den Zeitungen. Ðukanovic nennt Journalisten "Medienmonster". Gleichzeitig bleiben die Gewaltakte gegen Journalisten unaufgeklärt. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 18.3.2014)