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Alle Roaming-Gebühren sollen abgeschafft werden: Das hat der EU-Industrieausschuss am Dienstag entschieden.

Foto: DPA/Daniel Neupold

Hohe Rechnungen, weil man im Urlaub zu viel nach Hause telefoniert oder Fotos hochgeladen hat, sollen der Vergangenheit angehören: Das entschied am Dienstag der Industrie-Ausschuss des EU-Parlaments. Laut einer Presseaussendung des EU-Parlaments stimmten 30 Ausschussmitglieder für den umstrittenen Bericht, zwölf entschieden sich dagegen, 14 enthielten sich. Die Abstimmung ist freilich nur ein erster Schritt zum Roaming-Aus. Die Zustimmung des EU-Parlaments sowie der Mitgliedsstaaten ist noch ausständig. ÖVP-Abgeordneter Paul Rübig, der einzige österreichische Mandatar im EU-Industrieausschuss, begrüße die Änderung.

Tarife im Inland könnten steigen

Telekomprovider sollen nicht mehr Extragebühren für Sprachtelefonie, SMS oder mobile Datennutzung im EU-Ausland verlangen dürfen, findet jedenfalls der Ausschuss. Konsumentenschützer warnen allerdings, dass die Abschaffung der Roaming-Gebühren auf Kosten der Kunden geht: Reguläre Tarife für die Telefonie im Inland könnten durch die Gesetzesänderung stark ansteigen.

Roaming-Koalition warnt

"Normale Kunden, die kein Roaming benutzen, könnten für die anderen mitzahlen", warnte die sogenannte Roaming-Koalition laut dem britischen "Guardian". Telekom-Unternehmen berechneten indes, dass ihnen durch Abschaffung von Roaming bis zu sieben Milliarden Euro entgehen. Die neue Verordnung habe eine vollständige Abschaffung der Roaming-Gebühren zum Ziel. Auch Daten-Roaming würde dann der Vergangenheit angehören. "Ab 15. Dezember 2015 fallen keine zusätzlichen Kosten für die Datenübertragung mehr an, nur weil man eine Landesgrenze überschritten hat", sagte SPD-Europamandatar Norbert Glante.

Noch Hürden

Davor gibt es allerdings mehrere Hürden zu überwinden: Anfang April wird das gesamte EU-Parlament über die Regelung abstimmen, wobei das Parlament aber meist Empfehlungen seiner Ausschüsse folgt. Im Herbst kommt es dann zu einer zweiten Lesung, bevor das Gesetz dann in die Hände des EU-Ministerrats übergeht.

Zwei-Klassen-Internet

Gleichzeitig stimmte der EU-Ausschuss dafür, "Internetprovidern die Möglichkeit zu geben, für bestimmte höherqualitative Angebote Gebühren zu verlangen, solange dies nicht die Geschwindigkeit von anderen Nutzern beeinträchtigt". Praktisch bedeutet dies, dass Provider von Angeboten wie Youtube oder Netflix Geld verlangen können, um schnelle Verbindungen zwischen Nutzern und dem Service zu garantieren.

Freiheit gefährdet, so Kritiker

De facto stellt dies die Einführung eines Zwei-Klassen-Internets dar, vor dem Hacktivists und Konsumentenschützer wie SaveTheInternet.eu ausdrücklich warnen. Eine solche Regelung würde die Freiheit im Netz gefährden, monieren sie, da weniger finanzkräftige Services chancenlos gegen die IT-Riesen seien. Die Abstimmung sei "ein Zeichen für massives Lobbying von großen Telekomprovidern", so Miriam Artina laut Gigaom.

Rübig: "Wir wollen ein offenes Internet"

"Wir wollen ein offenes Internet, in dem jede Art von Datenverkehr gleich und nicht diskriminierend behandelt wird, unabhängig von Absender, Sender, Art, Inhalt, Gerät, Dienstleistung oder App. Wer Internetzugang anbietet, muss vollen Internetzugang geben und darf nicht etwa die Nutzung von bestimmten Apps erschweren", so Rübig. 

Ehrenhauser: "Wir entheben das Internet seiner Natur"

Der Industrieausschuss stimmte gegen eine universelle Festschreibung der Netzneutralität und für leicht zu gewährende Ausnahmeregelungen, kritisierte der EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser. Der Vorschlag, die Telekommunikationsanbieter zur Netzneutralität zu verpflichten, habe ebenso wenig eine Mehrheit gefunden, wie der Antrag, die Definition von sogenannten "specialized services" so eng wie möglich zu halten. "Wir entheben das Internet seiner Natur und ersetzen es durch ein Mehr-Klassen-Netz, dass sich am Geldbörserl der User und Userinnen orientiert", kritisierte Ehrenhauser. (fsc, derStandard.at, 18.3.2014)