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Foto: APA/dpa/Oliver Berg

Geschwister pflegen ihre Eltern, wenn diese alt und hilfsbedürftig werden, nicht in gleichem Umfang. In 75 Prozent aller Fälle übernimmt ein einzelnes Kind die Pflege. Mütter werden in erster Linie von den Töchtern gepflegt. Söhne sind seltener bereit, die Pflegearbeit allein zu leisten. In Familien ohne Töchter teilen sich mehrere Brüder die Pflege häufig untereinander auf.

Zeitintensive Pflegetätigkeiten

Zu diesem Ergebnis kommt WZB-Forscher Marcel Raab in einer Studie, die er gemeinsam mit Henriette Engelhardt von der Universität Bamberg und Thomas Leopold, Universität Amsterdam, veröffentlicht hat. Warum sich Geschwister unterschiedlich stark bei der Pflege der Eltern engagieren, haben die Forscher mit Hilfe amerikanischer Daten untersucht: Sie werteten Daten der "Health and Retirement Study" für die Jahre 1998 bis 2008 aus. Die Ergebnisse basieren auf Daten zu 2.452 Eltern-Kind-Paaren aus 641 Familien.

Wenn die Eltern das erste Mal Pflege von ihren Kindern erhalten, sind sie durchschnittlich 77 Jahre alt. Die erwachsenen Kinder sind zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich 49 Jahre alt. Für Deutschland fehlen bisher entsprechende Daten, um die Übernahme der Pflege innerhalb einer Familie im zeitlichen Verlauf zu untersuchen.

Die Studie konzentriert sich auf zeitintensive Pflegetätigkeiten. Die Kinder, die diese Pflege übernehmen, reduzieren häufig ihre Arbeitszeit oder unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit sogar vollständig. Zudem verringert sich in der Phase der Pflege die Wohnentfernung zwischen Eltern und Kindern, da beispielsweise Eltern zu den Kindern ziehen.

Erwartungen der Eltern üben Einfluss aus

Eine entscheidende Rolle spielt die räumliche Entfernung. Geschwister, die in der Nähe der Eltern wohnen, haben nach den Berechnungen der Forscher ein doppelt so hohes "Risiko", ihre Eltern zu pflegen wie ihre Geschwister, die weiter von diesen entfernt leben.

Für Kinder, die mit ihren Eltern in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, vervierfacht sich die Wahrscheinlichkeit nahezu. Geschwister, die berufstätig sind oder eigene Kinder haben, engagieren sich seltener in der Pflege. Für Erstgeborene ist statistisch gesehen die Wahrscheinlichkeit, die Pflege ihrer Eltern zu übernehmen, fast doppelt so hoch wie für ihre jüngeren Geschwister.

Zudem beeinflussen die Erwartungen der Eltern das Verhalten der Geschwister. Bei Kindern, die von ihren Eltern vor dem Pflegeeintritt als potenzielle Pflegepersonen genannt wurden, ist die Wahrscheinlichkeit eine dreimal so hohe Wahrscheinlichkeit, die Eltern zu pflegen, wie ihre nicht genannten Geschwister.

Einen Unterschied macht auch, ob Geschwister finanzielle Unterstützung von ihren Eltern erfahren haben oder noch erwarten. Für Kinder, die im Gegensatz zu ihren Geschwistern im Testament berücksichtigt sind, verfünffacht sich statistisch die Wahrscheinlichkeit, die Eltern zu pflegen. (red, derStandard.at, 18.3.2014)