Zellenzüchterin und Trommlerin Ettenberger-Bornberg.

Foto: OFI/Pyerin

Wenn es darum geht, Materialien auf ihre Biokompatibilität, also auf ihre Verträglichkeit für Menschen und Lebewesen im Allgemeinen, zu testen, kommen auch heute noch häufig Tierversuche zum Einsatz. Lösungen, um in Zukunft darauf verzichten zu können, sind das Ziel von Gabriele Ettenberger-Bornberg, Projektleiterin am Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) in Wien. Mit ihren Mitarbeitern entwickelt sie neue In-vitro-Methoden, die es erlauben sollen, etwaige irritierende oder sensibilisierende Wirkungen auch ohne Experimente am lebenden Tier festzustellen.

"Ein achtsamer Umgang ist mir sehr wichtig, sowohl mit mir selbst als auch mit meiner Umwelt. Das bedeutet für mich eben auch, Tierversuche zu vermeiden", erklärt die Forscherin, die an der Universität für Bodenkultur Lebensmittel- und Biotechnologie studiert hat.

Seit 2004 gilt ein EU-weites Testverbot für kosmetische Fertigerzeugnisse, in der Zulassung von Medizinprodukten wird der Verzicht auf Tierversuche derzeit nur empfohlen. Gabriele Ettenberger-Bornberg will nun beweisen, dass es auch in diesem Bereich möglich ist, ohne solche Experimente auszukommen. "Wir wollen hier eine Vorreiterrolle übernehmen, indem wir uns den tierversuchsfreien Beurteilungsmethoden widmen. Damit werden wir auch unseren Kunden die Möglichkeit geben, auf Tierversuche zu verzichten."

Bei ihren In-vitro-Methoden kommen Zell- und Hautmodelle zum Einsatz, zum Beispiel aus Fibroblasten, also aus Bestandteilen des Bindegewebes, oder aus speziellen Zellen des Immunsystems, sogenannten dendritischen Zellen. Diese Zellen, die von Mäusen stammen, sind jenen des Menschen sehr ähnlich.

Ettenberger-Bornberg lässt sie in einer Kulturschale anwachsen. Dann wird ein Extrakt hinzugefügt, das einen Prozess in der Zelle aktiviert. Kommt es beim Kontakt mit der Substanz zu einer entzündlichen oder einer allergischen Reaktion, werden verschiedene Proteine produziert. Diese können nachgewiesen werden und dienen als Marker. Angewendet werden die neuen Methoden zum Beispiel, um Medizinprodukte wie etwa Implantate, Handschuhe, Pflaster oder medizinische Verpackungen zu testen.

Die Entwicklung von Tests für die Biokompatibilität ist aber nicht ihr einziges Forschungsinteresse. Sie leitet auch Projekte, in denen es unter anderem darum geht, Oberflächen von Medizinprodukten so auszurüsten, dass sie biozid wirken und damit Infektionen mit Krankenhauskeimen, sogenannte nosokomiale Infektionen, verhindern können. Auch die Wechselwirkungen zwischen Desinfektionsmitteln und Oberflächen von Medizinprodukten werden von Ettenberger-Bornberg untersucht.

Was die Vereinbarkeit von Familie und Karriere betrifft, fühlt sich die zweifache Mutter am OFI gut aufgehoben. "Man hat es mir ermöglicht, nach der Karenz halbtags zu arbeiten, und ich konnte auch etliche Weiterbildungen besuchen", erzählt Ettenberger-Bornberg. Nun ist sie gerade dabei, ihr Doktorat in Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur zu machen. Entspannung findet sie in der Musik, vor allem im Trommeln. "Für mich ist das eine Art von Meditation. Es hat einen positiven Effekt auf mich und hilft mir, einen Ausgleich zu finden." (Elisabeth Guggenberger, DER STANDARD, 19.3.2014)