Wenn es warm und sonnig wird, regt sich auch der Hormonhaushalt wieder.

Foto: Lukas Friesenbichler

Pro
Von Christian Schachinger

Wissenschaftlich erwiesen ist es nicht, aber wenn es warm und sonnig wird, geht es auch dem Hormonhaushalt wieder besser. Man nennt das damit verbundene gesteigerte Interesse am Mitmenschen Frühlingsgefühle. Vielleicht hat das einfach auch damit zu tun, dass der Mensch nun Felle, Decken und Wollhauben ablegt und damit signalisiert, dass er nichts zu verbergen hat, worüber man sich im Winter in der Höhle erschrecken könnte - wenn man schlechte Nerven hat und die nackten Tatsachen präsentiert werden. Transparenz ist gut. Klappern gehört zum Handwerk: "Veronika, der Lenz ist da, die Mädchen singen tralala ..."

Nicht nur in der Unterwäsche ist jetzt wieder einiges los, auch im Garten kehrt das Leben zurück. Die Bäume und Sträucher tragen langsam wieder Blätter. Das ist gut, weil man nicht mehr hinüber zum Nachbarn sehen muss. Auf der Wiese stehen Blumen herum. Die Vögel zwitschern. Jetzt noch schnell die Maulwurfshügel weggeschaufelt, dann kann man sich in die Sonne setzen. Tolle Sache.

Kontra
Von Gerfried Sperl

Heuer könnte es ja reichen - so wie 2007 haben Marillen, Mandelbäume und frühe Narzissen schon Anfang März geblüht. Aber dazwischen? Kein wirklicher Frühling. Den haben wir durch den Klimawandel abgemurkst, weshalb der Stimmungswandel nicht vom Frühling abhängen sollte. Dazu ist er neuerdings zu kurz, zu selten und keine Jahreszeit mehr. Also weg mit den Frühlingsgefühlen.

Ich plädiere für Schmelzgefühle - die erlebt man schon im Winter, wenn die weiß vereisten Bäume unter der Sonne tropfen. Sogar im Herbst, wenn dichter Nebel dem blauen Himmel weicht. Dahinschmelzen im Blick auf blaue oder grüne Augen, auf alles andere vergessen, wenn, na wenn. Nur das Schwitzgefühl des Sommers kann solche Gefühle stören. Und die zerronnene Butter, wenn man sie beim Picknick am Nacktstrand nicht rechtzeitig weggeräumt hat.

Und außerdem: Die Machtergreifung der Gefühle ist unabhängig von den Jahreszeiten. Die passiert dann, wenn man in spontaner Erregung Gänsehaut kriegt. (Rondo, DER STANDARD, 21.3.2014)