Der Skandal um die vergoldeten Pensionen für Landespolitiker wird für die Südtiroler Volkspartei SVP vollends zur Zerreißprobe. Obmann Richard Theiner und seine beiden Stellvertreter Martha Stocker und Thomas Widmann haben am Montag ihren Rücktritt angekündigt. Eine neue Führung soll am 3. Mai auf einem außerordentlichen Parteitag in Meran gewählt werden.

Mit diesem überraschenden Schachzug will die SVP Zeit gewinnen, um die Aufregung in der Bevölkerung etwas verfliegen zu lassen. Ursprünglich sollte bereits nächste Woche über die von Theiner gestellte Vertrauensfrage abgestimmt werden. Fraglich bleibt, ob Theiner und Stocker nach ihrem Rücktritt ihre Ämter in der Landessregierung behalten können.

Wie vergiftet das Klima in der SVP ist, zeigte sich bei der Sitzung der Parteileitung am Montag, die in frostiger Atmosphäre verlief. Theiner und Stocker sprachen von einem "bewusst gesteuerten Angriff auf die Parteispitze". Seit dem Beginn des Skandals vermuten viele SVP-Vertreter, die umstrittene Pensionsregelung sei der Tageszeitung Dolomiten von Vertretern des Wirtschaftsflügels zugespielt worden. Diese habe sie über Wochen hinweg ausgeschlachtet, um die ungeliebte Parteispitze zu schwächen. "Einige haben die Bude sturmreif geschossen, um selbst voranzukommen", so Theiners Vorwurf. Er habe "nicht mehr den Rückhalt, um Obmann zu bleiben." Neolandeshauptmann Arno Kompatscher hatte Theiner angesichts der heftigen Polemiken einen "geordneten Neustart" empfohlen.

Für die Nachfolge kommen nur jüngere Kandidaten infrage, die mit der anrüchi-gen Pensionsregelung nichts zu tun haben. Bis zum Parteitag dürfte allerdings der Druck auf Kompatscher zunehmen, das Amt des Obmanns zu akzeptieren, das er aber entschieden ablehnt: "Ich habe genug zu tun und möchte, dass die beiden Funktionen getrennt bleiben." Einer der Anwärter ist der 29-jährige Philipp Achammer, der seit zwei Monaten als Landesrat für Kultur amtiert. Unterdessen hat die SVP alle Landtagsabgeordneten aufgefordert, die erhaltenen Pensionsvorschüsse an die Region Trentino-Südtirol zurückzuzahlen.

Die umstrittenen Zahlungen bis zu einer Höhe von 1,5 Millionen Euro pro Kopf hatten in der Bevölkerung einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die hohen Summen sind einmalige Ausgleichszahlungen für eine Reduzierung der Pensionen von 6800 auf 2800 Euro pro Monat.

Vor die Füße gespuckt

Kompatscher wurde, obwohl er mit der Regelung nichts zu tun hat, auf einer Kundgebung aufgebrachter Demonstranten vor dem Landtag in Bozen beschimpft; ein Bürger spuckte ihm vor die Füße.

Der Durnwalder-Nachfolger wollte sich zu einer Umbildung der erst vor wenigen Wochen eingesetzten Landesregierung nicht äußern: "Ich will die Entscheidung der Partei abwarten." Sein Debüt hatte sich der 42-Jährige sicher weniger turbulent vorgestellt.

Für neue Polemik sorgt zudem die Nachricht, dass der langjährige Landtagsabgeordnete Hanspeter Munter nach dem Pensionsvorschuss von 1,3 Millionen jetzt noch eine monatliche Arbeitslosenunterstützung von 1100 Euro beziehe. Die SVP forderte ihn auf, binnen 48 Stunden Stellung zu nehmen. Ihm droht jetzt der Rauswurf wegen "schwer parteischädigenden Verhaltens". (Gerhard Mumelter aus Bozen, DER STANDARD, 19.3.2014)