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Angespannte Situation in Simferopol. Nach wie vor haben sich auf einer Militärbasis ukrainische Soldaten verschanzt.

Foto: AP/Udovichenko

Kiew/Washington - Kiew hat ihren auf der Krim stationierten Soldaten den Waffengebrauch erlaubt. "Um die Leben unserer Soldaten zu schützen, wurden den ukrainischen Militäreinheiten auf der Krim erlaubt, ihre Waffen zu benutzen", teile das Verteidigungsministerium am Dienstagabend mit. Zuvor sollen zwei Soldaten bei der Erstürmung einer ukrainischen Militärbasis in Simferopol ums Leben gekommen sein. Nicht identifizierte Schützen hätten sowohl einen ukrainischen Soldaten als auch einen pro-russischen Milizionär erschossen, zitierte die Nachrichtenagentur, Interfax Polizeisprecherin Olga Kondraschowa.

Ukraine protestiert formell

Die Ukraine hat formell Protest gegen die Anerkennung der Unabhängigkeit der Krim-Halbinsel durch Russland eingelegt. Der russische Botschafter in Kiew, Andrej Worobew, sei vorgeladen worden, erklärte das ukrainische Außenministerium am Dienstag. Dabei sei ihm eine Protestnote gegen die Anerkennung der "Republik Krim" durch Moskau übergeben worden.

Der ukrainische Generalstabschef Michailo Kuzin kritisierte derweil in einem Telefongespräch mit seinem russischen Kollegen Waleri Gerassimow die "Unterstützung und Beteiligung" russischer Soldaten bei einer Schießerei an einem ukrainischen Armeestützpunkt in Simferopol. Kuzin habe dabei klargemacht, dass die russischen Truppen für die "Tragödie" verantwortlich seien, erklärte das Verteidigungsministerium in Kiew. Generalstabschef Kuzin schlug seinem russischen Kollegen den Angaben zufolge die Einrichtung einer gemeinsamen Kommission vor, "um eine Eskalation und ein erneutes Blutvergießen zu vermeiden" und die Lage auf der Krim zu stabilisieren.

NATO-Generalsekretär: Annexion illegal

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat den Anschluss der ukrainischen Halbinsel Krim an Russland verurteilt. Die Annexion der Krim sei illegal und rechtswidrig und werde von den Mitgliedern der NATO nicht anerkannt, erklärte Rasmussen am Dienstagabend. Der Präsident der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Didier Burkhalter, sprach von einem Bruch internationalen Rechts, die Ukraine legte bei Moskau formell Protest ein.

Rasmussen zeigte sich "zutiefst beunruhigt" über Berichte, wonach ein ukrainischer Soldat bei einer Schießerei an einem ukrainischen Armeestützpunkt in Simferopol getötet wurde. Alle Beteiligten müssten nun dringend Zurückhaltung üben und alles tun, um eine weitere Eskalation zu verhindern.

OSZE-Präsident Burkhalter mahnte, die Unterzeichnung eines Vertrags zur Eingliederung der Krim in die Russische Föderation durch Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag dürfe nicht das Ende der Diplomatie zur Überwindung der Krise bedeuten. Ein offener und ehrlicher Dialog und entschlossene Bemühungen zum Brückenschlag seien "jetzt wichtiger denn je".

Die frühere ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko sagte der "Bild"-Zeitung (Mittwochausgabe), mit seiner Rede im Kreml habe Putin dem Westen die Botschaft vermittelt: "Ich schere mich einen Dreck um euch". Seine Äußerungen seien "faschistische Propaganda". Timoschenko kündigte an, die Ukrainer würden ihr Land "verteidigen, koste es, was es wolle".

USA kündigen weitere Sanktionen gegen Russland an

Die USA haben weitere Sanktionen gegen Russland wegen dessen Vorgehen in der Krim-Krise angekündigt. "Da kommt noch mehr", sagte Präsidialamtssprecher Jay Carney am Dienstag in Washington. Er deutete an, dass als nächstes auch Strafmaßnahmen gegen eine Reihe von einflussreichen Oligarchen mit engen Verbindungen zu Russlands Präsident Wladimir Putin verhängt werden könnten. Zugleich soll in der kommenden Woche auf einem Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen (G7) in Den Haag besprochen werden, wie die Gruppe die Ukraine unterstützen könnte.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow nannte die bislang erlassenen Sanktionen in einem Telefonat mit seinem amerikanischen Kollegen John Kerry "inakzeptabel". Er drohte nach Angaben seines Ministeriums mit Konsequenzen, ohne ins Detail zu gehen.

Derweil telefonierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama erneut miteinander. Sie seien sich einig gewesen, gegenüber Putin zu betonen, dass die Krise weiterhin diplomatisch gelöst werden könne, teilte das US-Präsidialamt mit. Außerdem sprachen sie sich dafür aus, umgehend internationale Beobachter in den Osten und Süden der Ukraine zu entsenden.

US-Außenminister Kerry: Putins Rede kontraproduktiv

US-Außenminister John Kerry strebt in der Krim-Krise nach eigenen Angaben weiter nach einer diplomatischen Lösung. "Unsere Hoffnung ist, dass wir einen Ausweg finden können", sagte er am Dienstag vor Studenten in Washington. Allerdings habe ihn die Rede an die Nation des russischen Präsidenten Wladimir Putin überrascht und enttäuscht.

"Das war heute sehr konfrontativ und sehr triumphierend über einen Bruch internationalen Rechts. Und ich glaube, dass die Menschen darüber zutiefst besorgt sind." Komme es zu einer "Annexion" der Halbinsel Krim durch Russland, gebe es keine andere Wahl, als die Regeln der internationalen Gemeinschaft durchzusetzen, sagte er.

Die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton warf Putin vor, er wolle "die Grenzen Europas neu festschreiben". Es liege nun an dem russischen Präsidenten, einen neuen Kalten Krieg zu vermeiden. Putins Argumentation, auf der Krim lebten vor allem ethnische Russen und russischsprachige Menschen, könne nicht nur auf andere Teile der Ukraine, sondern auch auf Estland, Litauen, Lettland und Transnistrien übertragen werden, warnte Clinton bei einer Konferenz in Montreal. (APA/red, derStandard.at, 19.03.2014)