Bangkok - Zu allen Rätseln rund um die vermisste malaysische Passagiermaschine drängt sich noch eine weitere Frage auf: Warum hat kein einziger Passagier während der mysteriösen Umleitung der Boeing 777 versucht, Angehörige zu kontaktieren - wie es im Zeitalter der Smartphones sonst jederzeit der Fall ist und wie es auch während der Terroranschläge vom 11. September 2001 geschehen war.

Möglicherweise jedoch kann gerade das Fehlen jeglicher Anrufe oder E-Mails den Ermittlern bei der Suche nach Antworten helfen. Nach Angaben von Experten gibt es vor allem drei Gründe, warum die Passagiere an Bord von Flug MH370 stumm geblieben sind: Die Maschine könnte demnach zu hoch oder über Wasser geflogen sein - oder die Passagiere waren zu dem Zeitpunkt bereits bewusstlos, beispielsweise weil sich der Kabinendruck verändert hat.

Um Handys überhaupt nutzen zu können, muss es einen Kontakt zwischen dem Mobilteil und dem Netzwerk geben - auch "Handshake" (Handschlag) genannt. Dafür muss jedoch das Signal von Leitungsmast und Handy stark genug sein. Ohne Verstärker aber sei ein Handy in einer Passagiermaschine nur bis zu einer Flughöhe von rund 500 Metern einsatzfähig - und das auch nur mit einem Mobilfunkmast in der Nähe, sagte der emeritierte Informatikprofessor an der kanadischen University of Western Ontario, Alexander Keewatin Dewdney.

Senden kaum möglich

"Kein Handy kann aus einem Flugzeug mitten über dem Ozean senden, auch wenn die Maschine niedrig fliegt", so Dewdney, der nach den Terroranschlägen vom 11. September die Sendemöglichkeiten von Handys in der Luft untersuchte. Auch bei normaler Reiseflughöhe über Land sei es kaum möglich, "Kontakt zum Boden" herzustellen.

Dewdney und andere Experten wiesen darauf hin, dass die entführten Maschinen während der September-Anschläge relativ niedrig und über Gebiete mit dichtem Handynetz flogen. Darüber hinaus gingen die Experten davon aus, dass die meisten Anrufe damals nicht von Handys abgesetzt wurden, sondern von Telefonen, die fest in den Rücksitzen installiert waren.

Einige Fluggesellschaften verfügen inzwischen über eine Technik, die mithilfe einer eigenen Basisstation an Bord die Nutzung von Handys während des Flugs ermöglicht. Laut Malaysia Airlines bot Flug MH370 diese Möglichkeit aber nicht. Auch dass einige Angehörige chinesischen Medienberichten zufolge die Handys ihrer vermissten Verwandten zum Klingeln gebracht haben wollen, bedeutet laut den Experten nicht unbedingt, dass die Geräte noch funktionierten.

"Millionen von Aufzeichnungen"

Airline-Chef Ahmad Jauhari Yahya sagte am Montag, nichts deute auf Telefonierversuche von Passagieren hin. Allerdings müssten im Rahmen der Ermittlungen "Millionen von Aufzeichnungen" durchforstet werden. Um welche Daten es sich dabei handelt, ließ er offen.

Selbst wenn niemand an Bord versucht haben sollte zu telefonieren, könnten die Protokolle von "Handshakes" zwischen nicht abgeschalteten Handys an Bord und Mobilfunkmasten Aufschluss über die Flugroute der Maschine geben. Dafür aber müssten die Ermittler die Identifikationsnummern aller Handys an Bord kennen sowie die Funkdaten der Netzbetreiber aus den Ländern, die von der Boeing möglicherweise überflogen wurden - dazu zählt auch Burma mit seinem unterentwickelten Mobilfunknetz.

Doch selbst derartig mühselige Ermittlungen hätten nur Aussicht auf Erfolg, wenn die Handys in Reichweite eines Netzes sind, wie auch US-Experte Ken Dulaney bekräftigt. "Wenn die Signale nicht erfasst werden können, weil sie außerhalb der Reichweite liegen, können wir nichts tun." (APA, 19.3.2014)