Robert Gustafsson als "Hundertjähriger".

Foto: Filmladen

Wien - Unverrückbar führt Jonas Jonassons Debütroman Der Hundertjährige, der aus einem Fenster stieg und verschwand die heimische Bestsellerliste an, die Übersetzungsrechte wurden in über 35 Länder verkauft. Wenn nun die Verfilmung des schwedischen Romans in die Kinos kommt, werden weitere Superlative gleich mitgeliefert: erfolgreichster Kinostart aller skandinavischen Zeiten, über zwei Millionen Besucher, Hauptdarsteller Robert Gustafsson der komischste Mann Schwedens. Uff.

Hier hilft es, sich den jährlichen Ausstoß von Köttbullar (schwedische Fleischbällchen) im blau-gelben Möbelhaus sowie deren Geschmack in Erinnerung zu rufen. Viel Schönes mag aus dem hohen Norden kommen, allzu hochgeschraubte Erwartungen sind beim Betrachten des Films jedoch eher hinderlich. Wer das Buch mochte, wird von Felix Herngrens Leinwandadaption mit großer Wahrscheinlichkeit ebenso enttäuscht sein, wie es Autor Jonasson nach einer ersten Vorführung gewesen sein soll. Die pikareske Geschichte des alten Schweden wird zu einer Aneinanderreihung kruder Episoden, die zwar skurril, jedoch selten witzig sind. Die launig-trockene Erzählstimme des Romans geht indes völlig verloren.

Der Hundertjährige, das ist Allan Karlsson. Da ihn offizielle Geburtstagsfeiern wenig interessieren, schleicht er sich durch das Fenster aus seinem Altersheim, stiehlt im Vorbeigehen den Koffer eines Rockers und freundet sich mit dem ebenfalls vollreifen Julius Jonsson an. Mit dem Trolley im Gepäck fliehen die beiden vor Gangstern und der Polizei, treffen auf neue Weggefährten und können sich dabei meist mehr auf ihr Glück als auf ihren Verstand verlassen.

Verschränkt mit diesem Roadmovie erzählt Karlsson seine Lebensgeschichte, die ihn, den weitestgehend desinteressiert durch die Weltgeschichte Tapsenden, von einem Brennpunkt des 20. Jahrhunderts zum nächsten führt. Im Spanischen Bürgerkrieg, bei der Entwicklung der Atombombe oder beim Fall der Berliner Mauer, überall hat der gemütsneutrale Schwede seine Finger im Spiel.

Ähnlichkeiten mit Forrest Gump sind da offensichtlich, jedoch handelt es sich bei Karlsson nicht um einen reinen Toren, der sein Herz auf der Zunge trägt. Vielmehr kann man ihm, den Gustafsson im höheren Alter unter einer dicken Maskenschicht spielt, nie so recht in die Karten schauen. Er nimmt auch einen von Leichen gepflasterten Weg schulterzuckend hin und schlurft einfach weiter. Sympathisch macht das nur bedingt, Herrn Karlsson ist aber auch das vermutlich herzlich egal. (Dorian Waller, DER STANDARD, 20.3.2014)